Einseitige Verstoßung nach islamischem Recht nicht anerkennungsfähig
Wenn nach § 18 Abs 1 Z 1 iVm § 20 Abs 1 IPRG österreichisches Sachrecht anzuwenden ist, kann eine Ehe nur durch Entscheidung eines Gerichtes geschieden werden, sodass ausländische Privatentscheidungen nicht wirksam sind. Anderes würde nur dann gelten, wenn nach dem von § 20 IPRG berufenen Recht eine derartige Privatentscheidung vorgesehen ist und diese überdies nicht dem inländischen ordre public widerspricht. Da das österreichische Recht eine Scheidung durch Rechtsgeschäft nicht kennt, ist die in Pakistan in Form des talaq ausgesprochene Ehescheidung unwirksam. Außerdem widerspricht die einseitige Verstoßung der Ehefrau durch den Ehemann nach islamischem Recht (talaq) dem inländischen ordre public.
Der Begriff der „Entscheidung" im Sinne des § 97 AußStrG ist weit auszulegen und nicht auf konstitutive Entscheidungen einer ausländischen Behörde über die Auflösung beziehungsweise den Bestand einer Ehe einzuschränken. Vielmehr reicht aus, dass das Gericht an der Ehescheidung - wenngleich nur durch Abhaltung eines Schlichtungsverfahrens oder durch Registrierung der Scheidung - mitgewirkt hat.
Der Oberste Gerichtshof hat im Einklang mit der einhelligen Lehrmeinung bereits wiederholt ausgesprochen, dass eine nach islamischem Recht zulässige Scheidung der Ehe durch Verstoßung der Frau durch den Ehemann (talaq) dem inländischen ordre public widerspricht, also mit der österreichischen Rechtsordnung völlig unvereinbar ist.