Präjudizialität für Ehescheidungsverfahren; Rechtsschutzinteresse
Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, steht einer Entscheidung des Außerstreitrichters nach § 92 Abs. 3 ABGB die Anhängigkeit eines Ehescheidungsstreites nicht im Wege. Die Entscheidung des Außerstreitrichters hat nur feststellenden Charakter und kann nicht vollstreckt werden; der Zweck des Verfahrens vor dem Außerstreitrichter erschöpft sich somit in einer präjudiziellen Vorklärung für einen allfälligen Unterhaltsstreit oder ein Ehescheidungsverfahren. Danach kommt aber eine solche Entscheidung nur dann nicht mehr in Betracht, wenn die Ehe bereits rechtskräftig geschieden ist und entweder ein Unterhaltsanspruch, für den sie noch präjudiziell sein könnte, nicht erhoben wurde oder darüber gleichfalls bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Sollte derartiges im Verlaufe eines Rechtsmittelverfahrens gegen eine Entscheidung des Außerstreitrichters nach § 92 Abs. 3 ABGB eintreten, so hätte dies den Wegfall des Rechtsmittelinteresses zur Folge. Im vorliegenden Fall ist aber im Ehescheidungsverfahren bisher keine Entscheidung gefällt worden. Um ihrem Zweck gerecht zu werden, soll daher die Entscheidung nach § 92 Abs. 3 ABGB nach einem möglichst raschen Verfahren und ohne unnötige Verfahrensverzögerungen durch überspannte Genauigkeitserfordernisse gefällt werden.
§ 92 ABGB ab 01.01.1976
ABGB § 92 (1) Verlangt ein Ehegatte aus gerechtfertigten Gründen die Verlegung der gemeinsamen Wohnung, so hat der andere diesem Verlangen zu ent-sprechen, es sei denn, er habe gerechtfertigte Gründe von zumindest gleichem Gewicht, nicht mitzuziehen.
(2) Ungeachtet des Abs. 1, kann ein Ehegatte vorübergehend gesondert Wohnung nehmen, solange ihm ein Zusammenleben mit dem anderen Ehegatten, besonders wegen körperlicher Bedrohung, unzumutbar oder dies aus wichtigen persönlichen Gründen gerechtfertigt ist.
(3) In den Fällen der Abs. 1 und 2 kann jeder der Ehegatten vor oder auch nach der Verlegung der Wohnung oder der gesonderten Wohnungnahme die Entscheidung des Gerichtes beantragen. Das Gericht hat im Verfahren außer Streitsachen festzustellen, ob das Verlangen auf Verlegung der gemeinsamen Wohnung oder die Weigerung mitzuziehen oder die gesonderte Wohnungnahme durch einen Ehegatten rechtmäßig war oder ist. Es hat bei der Entscheidung auf die gesamten Umstände der Familie, besonders auf das Wohl der Kinder, Bedacht zu nehmen.