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Streitschlichtungsklausel

Gemäß § 41 JN hat das Gericht bei jeder Klage seine Zuständigkeit – grundsätzlich aufgrund der Angaben in der Klage – von Amts wegen zu prüfen. Dies gilt auch für die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs.
Der Rechtsweg ist (unter anderem) unzulässig, wenn die Entscheidungsbefugnis für eine bestimmte Streitigkeit einem Schiedsgericht im Sinn der §§ 577 ff ZPO als Sondergericht zukommt (§ 584 ZPO).
Im Zusammenhang mit einer obligatorischen Streitschlichtung ordnet etwa § 8 VerG 2002 für Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis oder Art III ZivRÄG 2004 für die Untersagung negativer Immissionen nach § 364 Abs 3 ABGB bei Nichtanrufung der im Gesetz vorgesehenen Schlichtungseinrichtung die temporäre Unzulässigkeit des Rechtswegs an, die vom Gericht auch ohne entsprechenden Einwand der Parteien von Amts wegen aufgegriffen werden kann. Das Prozesshindernis der (auch nur temporären) Unzulässigkeit des Rechtswegs führt zur Zurückweisung der Klage (vgl RS0122426; RS0124983).
Den erwähnten gesetzlichen Streitschlichtungsregelungen ist gemein, dass sie sowohl zu den in Betracht kommenden Schlichtungseinrichtungen als auch zur Dauer der temporären „Prozesssperre“ nähere Anordnungen enthalten. Auf diese Weise sollen auch gewisse Mindest-Verfahrensgarantien gewährleistet werden. So haben nach § 8 VerG 2002 die Vereinsstatuten die Zusammensetzung und die Art der Bestellung der Mitglieder der Schlichtungseinrichtung unter Bedachtnahme auf deren Unbefangenheit zu regeln; den Streitparteien ist beiderseitiges Gehör zu gewähren. Für Rechtsstreitigkeiten steht nach Ablauf von sechs Monaten ab Anrufung der Schlichtungseinrichtung der ordentliche Rechtsweg offen, sofern das Verfahren vor der Schlichtungseinrichtung nicht früher beendet ist. Nach Art III ZivRÄG 2004 kommt als „Schlichtungsstelle“ nur eine von einer Notariatskammer, einer Rechtsanwaltskammer oder einer sonstigen Körperschaft öffentlichen Rechts eingerichtete Schlichtungsstelle und als „Mediator“ nur ein solcher im Sinn des Zivilrechts-Mediations-Gesetzes, BGBl I Nr 29/2003 idgF, in Betracht. Die Klage ist nur zulässig, wenn nicht längstens innerhalb von drei Monaten ab Einleitung des Schlichtungsverfahrens oder ab Beginn der Mediation eine gütliche Einigung erzielt wurde.
Die angeführten gesetzlichen Vorgaben in Bezug auf die Auswahl und Bestellung der Streitschlichter, den Ort der Streitschlichtung und die Dauer der vorgerichtlichen Streitbeilegungsversuche sind als Richtschnur für eine wirksame (obligatorische) Streitschlichtungsklausel anzusehen. Dementsprechend ist es etwa auch in der arbeitsgerichtlichen Judikatur anerkannt, dass Streitschlichtungsvereinbarungen gewissen inhaltlichen Mindestanforderungen entsprechen müssen und sie jedenfalls im Hinblick auf den Standort und auf die Zusammensetzung der Schlichtungsstelle einschließlich der Bestellung des Vorsitzenden ein Mindestmaß an Bestimmtheit aufzuweisen haben; die Zusammensetzung muss außerdem die Objektivität und Sachkunde der Schlichtungsstelle gewährleisten (vgl RS0063867; 9 ObA 47/20g). Sind die dargelegten Mindestanforderungen nicht erfüllt, so ist eine vertragliche Regelung zur Streitschlichtung zu unbestimmt und unwirksam.
Die hier vorliegende Streitschlichtungsklausel erfüllt die Mindestanforderungen nicht. Sie legt weder fest, wieviele Mediatoren von wem auf welche Weise zu bestimmen sind, welche Qualifikationen die Mediatoren aufweisen müssen, wo der Schlichtungsversuch stattfinden soll und wie lange diese Versuche dauern sollen, bis das Gericht angerufen werden kann. Diese vollkommen unbestimmte Streitschlichtungsklausel in der zugrunde liegenden Unterhaltsvereinbarung ist schon aus diesen Gründen unwirksam. Es muss daher nicht weiter geprüft werden, ob für familienrechtliche Ansprüche eine obligatorische außergerichtliche Streitbeilegung vertraglich vorgesehen werden kann (vgl § 582 Abs 2 ZPO betreffend eine Schiedsvereinbarung) und welche rechtliche Konsequenz sich an die Nichteinhaltung einer solchen wirksamen Klausel knüpft.