Zum Hauptinhalt springen Skip to page footer

Gewalttätige Übergriffe

Eine körperliche Misshandlung ist nie als entschuldbare und verständliche Reaktion auf vorangegangenes ehewidriges Verhalten des anderen Ehegatten zu werten, sondern stellt jedenfalls eine schwere Eheverfehlung dar. Häufen sich die gewalttätigen Angriffe eines Ehegatten, kommt der Eheverfehlung ein umso größeres Gewicht zu.

Gewaltanwendung, in welcher Form auch immer, stellt eine schwere Eheverfehlung dar. Es ist ein objektiver, also insbesondere von der persönlichen Lebenssituation der Ehegatten unabhängiger Maßstab anzulegen.

Auf den Schweregrad kommt es nicht an.

Gewaltanwendung gegenüber den Kindern stellt eine schwere Eheverfehlung dar.

Eine Ohrfeige, die mit einer Intensität ausgeführt wurde, dass der Beklagte die Prothese aus dem Mund fiel, ist jedenfalls als Eheverfehlung zu berücksichtigen.

Aus der Grundsatzentscheidung des OGH:

"Die Ehegatten sind verhalten, ihre Konflikte unter gegenseitiger Rücksichtnahme aufeinander auszutragen und nicht ausufern zu lassen. Gewalt ist dabei jedenfalls unzulässig (Hopf/Kathrein, Eherecht § 90 ABGB Anm 14). Gewalt ist mit dem Wesen der Ehe nicht in Einklang zu bringen. Im Übrigen hat jede Person Anspruch auf Wahrung ihrer körperlichen Unversehrtheit, also auch Anspruch darauf, dass ein anderer die Anwendung körperlicher oder psychischer Gewalt unterlässt (§ 16 ABGB; Aicher in Rummel, ABGB³ § 16 Rz 16 mwN ua). Die Realität sieht freilich anders aus. Die Anwendung sogenannter häuslicher Gewalt ist nicht bloß Teil extremer Lebenssituationen, sondern in vielen Familien trauriger Alltag und eine der verbreitetsten Formen der Kriminalität (Dearing/Förg, Konferenzdokumentation "Polizeiarbeit gegen Gewalt an Frauen" 11; Dearing in Dearing/Haller/Liegl, Gewaltschutzgesetz 15, 37 f; Logar/Rösemann/Zürcher, Gewalttätige Männer ändern [sich] 9; Rangger, Gewaltschutzgesetz 35 f ua). Die Gewalt richtet sich dabei überwiegend gegen Frauen und/oder Kinder und kommt in allen gesellschaftlichen Schichten mit unterschiedlicher individueller Ausprägung vor (Mottl, ÖJZ 1997, 542). Bei der UN-Menschenrechtskonferenz in Wien 1993 wurde ausdrücklich festgestellt, dass Gewalttaten an Frauen Menschenrechtsverletzungen sind und dass die Staaten für deren Beendigung verantwortlich sind (Logar in Logar/Rösemann/Zürcher aaO 17 f). Es besteht ein öffentliches Interesse an der gesamtgesellschaftlichen Ächtung von "Gewalt in der Familie". Dazu bedarf es der klaren Haltung staatlicher Organe (RV 252 BlgNR XX. GP 6, 11). Der Tendenz von Gewalttätern, Gewalt in der Familie zu verharmlosen, insbesondere durch vermeintliche Rechtfertigungen, vor allem durch Hinweise auf das "provozierende" Verhalten des Opfers, ist entschieden entgegenzutreten (Dearing/Förg aaO 57, 61; Dearing in Dearing/Haller/Liegl aaO 80, 82, 84; Rangger aaO 39). Weil die bisherige Rechtslage (§ 382 Abs 1 Z 8 lit b und Abs 2 EO) für nicht ausreichend angesehen wurde, der Gewalt in Familien adäquat begegnen zu können, sah sich der Gesetzgeber schließlich veranlasst, das Gewaltschutzgesetz, BGBl 1996/759, zu erlassen (RV 252 BlgNR XX. GP 6; Zechner, Sicherungsexekution und Einstweilige Verfügung § 382b EO Rz 1 ua). Die neuen Regelungen in § 382b EO ("Schutz vor Gewalt in der Familie") stellen nun klar, dass jeder körperliche Angriff und jede ernsthafte und substantielle Drohung mit einem solchen dem Unzumutbarkeitserfordernis entspricht. Zum Unterschied von der alten Rechtslage genügt jetzt als Verfügungsgrund bereits eine einmalige und ihrer Art nach nicht völlig unbedeutende tätliche Entgleisung, weil das persönliche Recht auf Wahrung der körperlichen Integrität absolut wirkt (Zechner aaO § 382b EO Rz 3 mwN). Durch das Gewaltschutzgesetz wurde die Möglichkeit, auf Gewalt in der Familie zu reagieren, deutlich erleichtert (s zur Evaluierung der Umsetzung Haller/Liegl in Dearing/Haller/Liegl, Gewaltschutzgesetz 167 ff). Gewalt in der Familie ist aber in unserer Gesellschaft nach wie vor ein aktuelles Problem. Der Gesetzgeber entschloss sich daher, auch im Scheidungsrecht den mit dem Gewaltschutzgesetz eingeschlagenen Weg fortzusetzen (Hopf/Stabentheiner, ÖJZ 1999, 821 [863]). Seit dem Eherechts-Änderungsgesetz (EheRÄG) 1999, BGBl I 1999/125, ist im neu eingefügten Satz 2 des § 49 EheG ausdrücklich die Zufügung körperlicher Gewalt als schwere Eheverfehlung angeführt. Bei ihr kommt es (anders als beim ebenfalls genannten "schweren" seelischen Leid) auf die Schwere der Beeinträchtigung grundsätzlich nicht an (Stabentheiner in Rummel aaO § 49 EheG Rz 4). Die besondere Hervorhebung körperlicher Gewaltakte im Gesetzeswortlaut bedeutet, dass der Gesetzgeber in dieser Hinsicht einen objektiven, also insbesondere einen von der persönlichen Lebenssituation der Ehegatten unabhängigen Maßstab an das Verhalten der Ehegatten anlegen wollte. Jegliche Gewalt soll in Ehe und Familie prinzipiell verpönt sein. Das gewalttätige Verhalten eines Ehegatten kann daher auch nicht als bloß „milieubedingte Entgleisung" entschuldigt werden (Hopf/Stabentheiner aaO 863). Jede körperliche Misshandlung steht außerhalb des Rahmens, in dem Reaktionshandlungen auf vorangegangenes ehewidriges Verhalten des anderen Ehegatten im Zusammenleben von Ehegatten noch verständlich und entschuldbar sein können, und ist als schwere Eheverfehlung zu werten (Stabentheiner in Rummel aaO § 49 EheG Rz 11; so zum Teil auch schon die Rechtsprechung vor dem EheRÄG 1999 RIS-Justiz RS0056787, RS0057020 ua). Stellt bereits die einmalige Beeinträchtigung der körperlichen Integrität eines Ehegatten durch den anderen eine sehr schwere Eheverfehlung dar, so kommt ihr ein noch größeres Gewicht zu, wenn diese Beeinträchtigung – wie im vorliegenden Fall – zunehmend zu einem die eheliche Beziehung beherrschenden Zustand wird (RIS-Justiz RS0056787, zuletzt 5 Ob 15/99p), die Ehe also immer mehr zur "Gewaltbeziehung" wird (s zum Begriff Dearing/Förg aaO 53 ff; Dearing in Dearing/Haller/Liegl aaO 28 ff; Rangger aaO 33 f). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Gewaltausübung gegen die Ehefrau regelmäßig keine zufällige ist, sondern im Rahmen eines vielschichtigen Systems von Macht und Kontrolle erfolgt und die Zerstörung des Selbstwertgefühls und der Autonomie des Opfers beabsichtigt und bewirkt (Dearing/Förg aaO 13; Dearing in Dearing/Haller/Liegl aaO 35 ff; Logar/Rösemann/Zürcher aaO 9). "

Die Beeinträchtigung der körperlichen Integrität des Ehegatten in körperlicher und physischer Hinsicht durch den anderen stellt an sich bereits eine sehr schwere Eheverfehlung dar, der dann ein besonderes Gewicht zukommt, wenn diese Beeinträchtigung infolge der häufigen Wiederholung der Eingriffshandlungen zu einem die ehelichen Beziehungen beherrschenden Zustand geworden ist.

Es handelt sich um eine besonders schwere Eheverfehlung.

Verbrechen der versuchten schweren Nötigung als schwere Eheverfehlung.

Seit dem Eherechts-Änderungsgesetz (EheRÄG) 1999, BGBl I 1999/125, ist im neu eingefügten Satz 2 des § 49 EheG ausdrücklich die Zufügung körperlicher Gewalt als schwere Eheverfehlung angeführt. Bei ihr kommt es (anders als beim ebenfalls genannten "schweren" seelischen Leid) auf die Schwere der Beeinträchtigung grundsätzlich nicht an. Die besondere Hervorhebung körperlicher Gewaltakte im Gesetzeswortlaut bedeutet, dass der Gesetzgeber in dieser Hinsicht einen objektiven, also insbesondere einen von der persönlichen Lebenssituation der Ehegatten unabhängigen Maßstab an das Verhalten der Ehegatten anlegen wollte. Jegliche Gewalt soll in Ehe und Familie prinzipiell verpönt sein. Das gewalttätige Verhalten eines Ehegatten kann daher auch nicht als bloß „milieubedingte Entgleisung" entschuldigt werden.

Auch Beschimpfungen können selbst einen einmaligen Gewaltexzess nicht rechtfertigen oder dessen Unwert als erheblichen Eingriff in die körperliche Integrität des anderen Partners wesentlich mildern.

Auch eine Alkoholisierung eines Ehegatten vermag einen (einmaligen) Gewaltexzess nicht zu rechtfertigen oder dessen Unwert erheblich zu mildern.

Wiederholte grundlose Beschimpfungen und Beleidigungen sowie mehrmalige körperliche Misshandlungen und „Ausraster" des Ehegatten können das alleinige Verschulden an der Zerrüttung der Ehe begründen, während ein einmaliges ehewidriges Verhalten der Ehegattin, nämlich das Einschlagen des Seitenfensters des PKW des Klägers, um an ihre vom Kläger dort eingesperrte Handtasche zu gelangen, als entschuldbare Reaktionshandlung auf das Verhalten des Klägers zu werten ist.

Kulturelle Unterschiede:

Eine Rechtfertigung von körperlichen Übergriffen mit dem Hinweis auf kulturelle Unterschiede kommt nicht in Betracht.

Bildungsniveau:

Das Abstellen auf das Bildungsniveau der Ehegatten dürfte in der Judikatur überholt sein.

Der Bildungsgrad der Gatten kann bei Tätlichkeiten im Gegensatz zu bloß wörtlichen Beleidigungen keine Rolle spielen.

Milieubedingte Entgleisung:

Eine körperliche Mißhandlung kann nie als milieubedingte Entgleisung entschuldigt werden.

Reaktionshandlung:

massive Tätlichkeiten mit Verletzungsfolgen können niemals eine zulässige Reaktionshandlung sein.

Körperliche Mißhandlungen können niemals eine zulässige Reaktionshandlung sein.

§ 49 EheG ab 01.01.2000

B. Ehescheidungsgründe
I. Scheidung wegen Verschuldens (Eheverfehlungen)
§ 49

Ein Ehegatte kann Scheidung begehren, wenn der andere durch eine schwere Eheverfehlung oder durch ehrloses oder unsittliches Verhalten die Ehe schuldhaft so tief zerrüttet hat, daß die Wiederherstellung einer ihrem Wesen entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann. Eine schwere Eheverfehlung liegt insbesondere vor, wenn ein Ehegatte die Ehe gebrochen oder dem anderen körperliche Gewalt oder schweres seelisches Leid zugefügt hat. Wer selbst eine Verfehlung begangen hat, kann die Scheidung nicht begehren, wenn nach der Art seiner Verfehlung, insbesondere wegen des Zusammenhangs der Verfehlung des anderen Ehegatten mit seinem eigenen Verschulden sein Scheidungsbegehren bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe sittlich nicht gerechtfertigt ist.