Dringendes Wohnbedürfnis
Ein dringendes Wohnbedürfnis des gefährdeten Ehegatten ist nur dann zu verneinen, wenn ihm eine ausreichende und gleichwertige Unterkunft zur Verfügung steht; er darf nicht auf die Möglichkeit der Deckung seines Wohnbedürfnisses bei seinen Eltern verwiesen werden.
Ein dringendes Wohnbedürfnis des gefährdeten Ehegatten ist (nur dann) zu verneinen, wenn ihm eine ausreichende und gleichwertige Unterkunft zur Verfügung steht.
Dies trifft bei einer bloß prekaristischen anderweitigen Unterkunftsmöglichkeit nicht zu.
Eine bloß ausreichende Ersatzwohnung genügt nicht, wenn sie die angemessenen (§ 94 Abs 1 ABGB) Wohnbedürfnisse erheblich unterstreitet.
Der Antragsteller müsste in eine Ersatzwohnung kraft eigenen Rechts ausweichen können.
Der Schutz des § 97 ABGB erstreckt sich nämlich nach ständiger Rechtsprechung ausschließlich auf jene Fälle, in denen nur einer der Ehegatten über die Wohnung dinglich oder obligatorisch (aus Eigentum, Dienstbarkeit, Bestandrecht, Genossenschaftsrecht, Dienstvertrag, Bittleihe etc) verfügungsberechtigt ist, an der der andere ein dringendes Wohnbedürfnis hat (RIS Justiz RS0047376, RS011311 9 ua). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, weil die Beklagte über die im Eigentum des Klägers stehende, der Befriedigung ihres dringenden Wohnbedürfnisses dienende Wohnung aufgrund des von ihr abgeschlossenen (bis 30. August 2016 befristeten) Mietvertrags ohnehin (obligatorisch) verfügungsberechtigt war. Dass sie der Befristung des Mietvertrags nicht aus freien Stücken zugestimmt hätte, behauptet die Beklagte nicht.
Behauptungs- und Beweislast:
Das Vorhandensein des dringenden Wohnbedürfnisses wird bis zum Beweis des Gegenteils durch den anderen Ehegatten vermutet; die Beweislast dafür, dass die Ehewohnung nicht der Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses eines Ehegatten dient, trifft daher den über die Wohnung verfügungsberechtigten Ehegatten.
§ 97 ABGB ab 01.01.1976
ABGB § 97
Ist ein Ehegatte über die Wohnung, die der Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des anderen Ehegatten dient, verfügungsberechtigt, so hat dieser einen Anspruch darauf, daß der verfügungsberechtigte Ehegatte alles unterlasse und vorkehre, damit der auf die Wohnung angewiesene Ehegatte diese nicht verliere. Dies gilt nicht, wenn das Handeln oder Unterlassen des verfügungsberechtigten Ehegatten durch die Umstände erzwungen wird.