Präklusion, Verschleppungsabsicht, Rechtsmissbrauch
Im Sinn des Vorbringens der Revisionsrekurswerber ist zu prüfen, ob das Erstgericht die Anträge ausnahmsweise wegen Rechtsmissbrauch bzw Verschleppungsabsicht zurückweisen hätte können oder müssen und ob dieser Rechtsmissbrauch bzw diese Verschleppungsabsicht auch im Rechtsmittelverfahren aufzugreifen ist. Die Revisionsrekurswerber stützen sich dafür auf § 33 Abs 2 AußStrG.
Nach dieser Bestimmung kann das Gericht nicht erwiesene Tatsachenvorbringen unberücksichtigt lassen und von der Aufnahme von Beweisen Abstand nehmen, wenn solche Tatsachen oder Beweise von einer Partei verspätet vorgebracht oder angeboten werden und bei sorgfältiger Berücksichtigung aller Umstände kein vernünftiger Zweifel besteht, dass damit das Verfahren verschleppt werden soll und die Zulassung die Erledigung des Verfahrens erheblich verzögern würde.
Höchstgerichtliche Judikatur zu dieser Bestimmung ist noch nicht ergangen.
Nach dem Gesetzeswortlaut „kann“ das Gericht bei Verschleppungsabsicht und erheblicher Verzögerung von der Aufnahme von Beweisen Abstand nehmen. Die Materialien (ErläutRV zitiert in Fucik/Kloiber, AußStrG bei § 33) führen aus, es bleibe zu betonen, dass die Präklusionsvorschrift nicht „absolut“ und gleichsam als Strafsanktion wirke, sondern schon aufgrund der amtswegigen Aufklärungspflicht die Möglichkeit bestehe, auch Hinweisen nachzugehen, die von Parteienseite her nur als Verschleppung charakterisiert werden könnten. Sollte im einzelnen Fall das Gericht der Meinung sein, dass diese verschleppenden Tatsachenvorbringen oder Beweisanträge doch einen berechtigten Kern hätten, so stehe es ihm ungeachtet des Abs 2 im Sinne der Grundregel des Abs 1 frei, die Beweisaufnahme durchzuführen.
Höllwerth spricht unter Bezug auf diese Formulierung der Materialien von einer Ermessensentscheidung. Ein Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens könne aus der Zulassung weiteren Vorbringens oder der Aufnahme weiterer Beweise jedenfalls nicht abgeleitet werden. Die unrichtige Annahme der Präklusionsvoraussetzungen durch das Erstgericht begründe einen Mangel des Verfahrens erster Instanz, der im Rekurs mit Verfahrensrüge geltend zu machen sei. Erkenne das Rekursgericht in einem solchen Fall einen Verfahrensmangel im Sinne der Ergänzungsbedürftigkeit der Tatsachengrundlage, bilde eine allfällige Unrichtigkeit dieser Beurteilung keinen tauglichen Revisionsrekursgrund, sofern die Fehlbeurteilung nicht auf aktenwidriger Grundlage beruhe, nicht zugleich auch eine unrichtige rechtliche Beurteilung vorliege oder die Klärung einer Tatfrage amtswegig, etwa aus Gründen des Kindeswohls, erforderlich sei. Lasse das Rekursgericht vom Erstgericht präkludiertes Tatsachenvorbringen oder Beweisanbote zu, dann könne daraus allein selbst im Fall tatsächlich unzweifelhafter Verfahrensverschleppung kein tauglicher Revisionsrekursgrund abgeleitet werden, sei doch die Anwendung des § 33 Abs 2 AußStrG ohnehin nicht zwingend vorgeschrieben.
Der Oberste Gerichtshof schließt sich diesen Ausführungen an. Im Ergebnis entspricht die Auffassung Höllwerths auch der ständigen, nicht im Zusammenhang mit Verschleppungsabsicht ergangenen oberstgerichtlichen Rechtsprechung zu Ergänzungsaufträgen des Rekursgerichts: Auch im Außerstreitverfahren ist der Oberste Gerichtshof nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz; er kann daher Ergänzungsaufträgen des Rekursgerichts nicht entgegentreten.
Aus dieser Rechtslage ergibt sich, dass der Oberste Gerichtshof selbst im Fall, dass Verschleppungsabsicht oder Rechtsmissbrauch vorläge, dies wegen des Ergänzungsauftrags des Rekursgerichts nicht mehr aufgreifen könnte.
§ 33 AußStrG ab 01.01.2005
AußStrG 33 (1) Das Gericht kann von Erhebungen absehen, wenn es schon auf Grund offenkundiger Tatsachen oder der unbestrittenen und unbedenklichen Angaben einer oder mehrerer Parteien davon überzeugt ist, dass eine Behauptung für wahr zu halten ist.
(2) Das Gericht kann nicht erwiesene Tatsachenvorbringen unberücksichtigt lassen und von der Aufnahme von Beweisen Abstand nehmen, wenn solche Tatsachen oder Beweise von einer Partei verspätet vorgebracht oder angeboten werden und bei sorgfältiger Berücksichtigung aller Umstände kein vernünftiger Zweifel besteht, dass damit das Verfahren verschleppt werden soll und die Zulassung die Erledigung des Verfahrens erheblich verzögern würde.