Prozesskostenvorschuss - zur Verrechnung nach dem Prozess
In seinem Oppositionsgesuch hat der Verpflichtete entgegen der Ansicht des Rekursgerichts – zutreffend, weil ein Vorschuss von der Forderung abgerechnet und nicht gegen sie aufgerechnet wird (RS0019454 [T1]) – nicht Aufrechnung mit einer ihm zustehenden Gegenforderung, sondern vielmehr das Erlöschen der beiden betriebenen Kostenforderungen unmittelbar durch den von ihm geleisteten Prozesskostenvorschuss geltend gemacht. Es kommt hier deshalb gar nicht darauf an, unter welchen Voraussetzungen die Aufrechnung einen Oppositionsgrund bilden kann.
Wie das Rekursgericht richtig erkannt hat, steht der Umstand, dass der Verpflichtete den Prozesskostenvorschuss während des anhängigen Scheidungsverfahrens und damit bereits vor Schaffung der Kostentitel geleistet hat, der Geltendmachung eines Oppositionsgrundes in diesem Zusammenhang nicht entgegen.
Der – im vorliegenden Fall im Vergleichsweg begründete – Anspruch auf Leistung eines Prozesskostenvorschusses iSd § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO stellt einen Ausfluss der Pflicht zur Leistung des gesetzlichen Unterhalts dar. Die Deckung notwendiger Prozess- und Anwaltskosten zählt zum Unterhalt, wenn sich aus der Prozessgefahr oder Prozessführung ein besonderer Unterhaltsbedarf ergibt, den der Unterhaltsberechtigte aus den laufenden Unterhaltsbeiträgen nicht decken kann.
Es entspricht dem Wesen eines Kostenvorschusses, dass der Empfänger diesen mit den von ihm in der Folge tatsächlich aufgewendeten (Prozess-)Kosten verrechnen, also einen allfälligen Überschuss zurückzahlen muss (in diesem Sinn schon 4 Ob 114/06b). Auch der Prozesskostenvorschuss ist daher als zweckgebundener und verrechenbarer, bei Zweckverfehlung auch rückforderbarer Vorschuss zu behandeln.
Der Verpflichtete macht hier eine Verrechnung des Vorschusses geltend, indem er die Tilgung der beiden betriebenen, aus dem Scheidungsverfahren stammenden Kostentitel durch seine Vorausleistung, dh die Verwertung des Prozesskostenvorschusses im Sinn seiner Zweckwidmung, reklamiert, um eine unzulässige Doppelbelastung mit identen Kosten zu vermeiden. Das bedeutet eine nachträgliche Widmung einer schon im Voraus geleisteten Zahlung entsprechend § 1415 ABGB.
Da eine unzulässige Doppelbelastung erst dann in Betracht kommt, wenn nicht nur ein Vorschuss für bestimmte Kosten der Unterhaltsberechtigten erlegt wurde, sondern der Erleger darüber hinaus auch vom Gericht zum Ersatz dieser Kosten an die Unterhaltsberechtigte verpflichtet wurde, scheidet eine Geltendmachung vor Rechtskraft der Kostenentscheidung und daher vor Schluss der Verhandlung im Titelprozess aus. Bis zur Rechtskraft der Kostenentscheidung steht ja gar nicht fest, ob und allenfalls in welcher Höhe der Erleger Kosten zu ersetzen hat.
Der Oppositionsgrund besteht daher im Erlöschen der betriebenen Kostenforderung, das durch eine nachträgliche Widmung des schon früher geleisteten Prozesskostenvorschusses durch den Verpflichteten auf eine vom Zweck des Prozesskostenvorschusses erfasste, erst später titulierte Kostenschuld eintritt.
Die Beurteilung des Rekursgerichts, die Exekution sei schon deshalb einzustellen, weil der vom Verpflichteten unstrittig erlegte Prozesskosten-vorschuss die der Betreibenden im Scheidungsverfahren zugesprochenen Prozesskosten übersteige, greift zu kurz. Mit dieser Auffassung ignoriert das Rekursgericht nämlich das Vorbringen der Betreibenden in ihrer Äußerung zum Einstellungsantrag, wonach ihr über die titulierten Kosten hinaus umfangreiche weitere Kosten im Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren entstanden seien und sie den nicht nur dafür gewidmeten Prozesskostenvorschuss bereits zur Begleichung dieser Kosten verbraucht habe. Der Verpflichtete hält dem die Widmung des Prozesskostenvorschusses nur für die Kosten des Scheidungsverfahrens und die Überhöhung der von der Betreibenden aufgewendeten Kosten entgegen.
Zwar sind hier sowohl die Leistung des Prozesskostenvorschusses als auch die betriebenen Forderungen sowie die nachträgliche Widmung durch den Verpflichteten unstrittig, nicht aber die beachtlichen Einwendungen der Betreibenden.
Das Verfahren, für das ein Prozesskostenvorschuss gewährt werden soll, muss den Unterhaltsberechtigten betreffen. Es ist aber ohne Belang, ob es sich gegen den Unterhaltspflichtigen oder gegen einen Dritten richtet und um welche Art von Verfahren es sich handelt. Es muss also nicht zwingend ein Scheidungs- oder Unterhaltsverfahren sein; vielmehr kommen etwa auch die Kosten eines Strafverfahrens in Betracht. Ziel des Prozesskosten-vorschusses ist ua die Möglichkeit, Streitfragen unter angemessenen Rahmenbedingungen klären zu können, also auch eine Waffengleichheit zwischen den prozessierenden Ehegatten herzustellen. Der unterhaltsberechtigte Ehegatte muss die Möglichkeit haben, dem Standpunkt des Gegners mit einem vergleichbaren juristischen Aufwand entgegen zu treten; insoweit sind Unbilligkeiten zu vermeiden.
Dem zwischen den Streitteilen geschlossenen Vergleich über die Leistung eines Prozesskostenvorschusses durch den (jetzt) Verpflichteten ist eine ausdrückliche Zweckwidmung nicht zu entnehmen, weshalb die Behauptung des Verpflichteten, er sei ausschließlich für die Kosten des Scheidungsverfahrens gewidmet, urkundlich nicht belegt ist. Der Umstand allein, dass die Übernahme der Vorschusspflicht in einem im Scheidungsverfahren geschlossenen Vergleich erfolgte, lässt nicht den Schluss zu, dass damit nur die Kosten des Scheidungsprozesses abgedeckt werden sollten, weil damit typischerweise weitere Verfahren und Verhandlungen für eine einvernehmliche Lösung einhergehen.
Der Rechtssatz, wonach der Schuldner (bereits) mit Leistung des Vorschusses einen entsprechenden Teil seiner Schuld im Voraus tilgt gilt nur für den hier gerade nicht vorliegenden (Regel )Fall eines (ausdrücklich oder schlüssig) nur für eine konkrete Verbindlichkeit geleisteten Vorschusses. Hier bedurfte es hingegen der vom Verpflichteten nachträglich erklärten Widmung. Diese Zweckwidmung ist auch deshalb wesentlich, weil nur daran gemessen werden kann, ob der von der Betreibenden behauptete, bereits erfolgte Verbrauch des Vorschusses dem Wunsch des Verpflichteten erfolgreich entgegengehalten werden kann. Sofern nämlich die Betreibende den Prozesskostenvorschuss im Sinn seiner Zweckwidmung schon für andere Kosten verbraucht haben sollte, als sie der titulierten Kostenersatzpflicht des Verpflichteten zugrunde liegen, wäre eine unzulässige Doppelbelastung des Verpflichteten zu verneinen.
Auf den Verbrauch des Vorschusses kann sich die Betreibende nur dann erfolgreich berufen, wenn sie damit bereits vor der Widmungserklärung des Verpflichteten fällige (und mit den betriebenen nicht deckungsgleiche) Kosten bezahlt hat. Denn nur in diesem Fall steht ihr der Vorschuss nicht mehr zur Verfügung, sodass eine Doppelbelastung des Verpflichteten für ein und dieselben Kosten ausgeschlossen ist.
Zur Höhe der Kosten ist zu bedenken, dass die Notwendigkeit der einzelnen Maßnahmen im Einzelfall zu prüfen und vor allem darauf Bedacht zu nehmen ist, ob auch der Gegner anwaltlich vertreten ist; maßgeblich ist, ob auch andere vernünftige und sorgfältige Personen in der Lage der Unterhaltsberechtigten ein ähnliches kostenverursachendes Verhalten gesetzt hätten, dieses also als vernünftige und zweckentsprechende Rechtsverfolgungsmaßnahme iSd § 41 ZPO anzusehen ist. Eine zwingende Beschränkung auf eine Berechnung der Kosten nach dem RATG ist daher wegen der erforderlichen Einzelfallbeurteilung nicht generell vorgegeben.