Rechtsanwaltskosten als Sonderbedarf
Ein Kind kann die ihm in einem Verfahren außer Streitsachen, das es zur Durchsetzung seiner Unterhaltsansprüche nach § 140 ABGB führt(e), erwachsenden Prozess- und Vertretungskosten grundsätzlich nicht aus dem Titel des Unterhaltssonderbedarfs gegenüber dem Geldunterhaltsschuldner geltend machen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn in diesem Verfahren aus besonderen Gründen Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Beiziehung eines Rechtsanwalts bestanden hätten, eine anwaltliche Vertretung des Kindes also ausnahmsweise auf Grund der besonderen Schwierigkeit des Falls für notwendig angesehen werden müsste. Die Begründung unterliegt aber dem Neuerungsverbot im Rechtsmittelverfahren.
Im bejahenden Fall können die Kosten auch vorschussweise verlangt werden.
Eine Entscheidung über den Kostenpunkt liegt im allgemeinen auch dann vor, wenn über die zur Verfolgung eines Unterhaltsanspruchs im Verfahren außer Streitsachen aufgewendeten und als Unterhaltssonderbedarf geltend gemachten Anwaltskosten abgesprochen wurde.
Über den durchschnittlichen Bedarf hinaus kann ein Unterhaltsberechtigter noch Sonderbedarf oder Individualbedarf haben. Solche Mehrkosten sind insbesondere durch die Momente der Außergewöhnlichkeit und Dringlichkeit bestimmt. Dieser (allgemeine) Grundsatz spricht gegen die Annahme, Prozess- und Vertretungskosten des Kindes im Verfahren außer Streitsachen müssten vom Geldunterhaltsschuldner grundsätzlich immer aus dem Titel des Unterhaltssonderbedarfs ersetzt werden. Jedem unterhaltsberechtigten Kind beziehungsweise seinem obsorgeberechtigten Elternteil steht ja im Hinblick auf § 212 Abs 2 ABGB die Möglichkeit offen, sich bei der Durchsetzung der Unterhaltsansprüche vom Jugendwohlfahrtsträger vertreten zu lassen. Kosten für eine anwaltliche Vertretung können daher nur bei besonderer Schwierigkeit des Falles aus dem Titel des Unterhaltssonderbedarfs ersetzt werden.
Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu Rechtsverfolgungskosten als Fall des Sonderbedarfes eines gemäß § 140 ABGB unterhaltsberechtigten Kindes begründen die bei der Verfolgung der Unterhaltsansprüche des Kindes erwachsenden notwendigen Kosten grundsätzlich einen vom Unterhaltspflichtigen abzudeckenden Sonderbedarf, wenn sie aus den laufenden Unterhaltsleistungen nicht bestritten werden können, aber im Leistungsvermögen des Unterhaltspflichtigen noch Deckung finden.
Ein derartiger Sonderbedarf kann zu verneinen sein, wenn die anwaltliche Vertretung des Kindes im außerstreitigen Unterhaltsbemessungsverfahren im Hinblick auf die durch § 212 Abs 2 ABGB gebotene Möglichkeit einer Unterhaltssachwalterschaft des Jugendwohlfahrtsträgers gar nicht erforderlich ist. Auch wenn man grundsätzlich die unentgeltliche Vertretung durch den Jugendwohlfahrtsträger für ausreichend hält, müsste eine anwaltliche Vertretung ausnahmsweise doch bei besonderer Schwierigkeit des Falles für notwendig angesehen werden. Dies trifft jedenfalls für Verfahren zu, die besonders schwierig sind, so z.B. wenn die Unterhaltsbemessungsgrundlage von den Einkünften des Vaters aus einem im Ausland gelegenen Unternehmen abhängt und hiezu Beweisaufnahmen durch ein ausländisches Rechtshilfegericht durchgeführt werden.
Ein Vorbringen dazu hat das uhber Kind schon in erster Instanz zu erstatten, dem Vorbringen erstmals im Rekurs steht das Neuerungsverbot entgegen (EF-Slg 141.941).
Ungeachtet aller dieser Überlegungen, darf ein Sonderbedarf (auch) aus diesem Titel nur zugesprochen werden, wenn die Leistungsfähigkeit des Vaters dies erlaubt (OGH 1995/07/12, 3 Ob 1572/95).
Selbstverständlich muss aber auch immer die Zweckmäßigkeit des Kostenaufwandes im einzelnen geprüft werden.
Die mit der (notwendigen) Verteidigung des mündigen Minderjährigen verbundenen Rechtsanwaltskosten stellen grundsätzlich einen Sonderbedarf des Minderjährigen dar, der vorerst von den Unterhaltspflichtigen nach Maßgabe ihrer Leistungsfähigkeit zu tragen ist, und zwar sowohl von der geldunterhaltspflichtigen Mutter, als auch vom naturalunterhaltspflichtigen Vater. Es kommt daher allenfalls zur Kostenteilung.
Alles das kann dazu nicht führen, dass dem Unterhaltsverpflichteten via Unterhaltspflicht ein Beitrag zu Schadenersatzleistungen aufgrund strafbarer Handlungen des Unterhaltsberechtigten auferlegt wird.
Prozesskostenschulden:
Prozesskostenschulden aus einem verlorenen Prozess gegen einen Dritten stellen keinen deckungspflichtigen Sonderbedarf da.
Prozesskostenvorschuss:
Ein Prozesskostenvorschuss kann auch dem volljährigen Kind gewährt werden und auch dem minderjährigen Kind nach § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO.
Strafverteidigungskosten:
Strafverteidigungskosten können einen deckungspflichtigen Sonderbedarf darstellen.
Hinweis zum Verfahren:
In der Judikatur scheint strittig zu sein, ob eine Entscheidung über einen Anspruch auf Sonderbedarf aus dem Titel "Rechtsverfolgungskosten, Anwaltskosten, Verteidigerkosten als Sonderbedarf" als Entscheidung über Kosten im Sinne des § 14 Abs 2 Z 2 AußStrG (jetzt § 62 Abs. 2 Z.1 1 AußStrG) anzusehen sind. Damit wäre jedenfalls die Anrufung des OGH immer ausgeschlossen. Die anderen auf dieser Seite erwähnten Entscheidungen, teilen diese Rechtsansicht (offensichtlich) nicht.