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Anfechtung eines Scheidungsvergleichs wegen Wucher oder Sittenwidrigkeit

Auch ein Vergleich über die Scheidungsfolgen nach § 55a Abs 2 EheG kann wegen Willensmängeln oder Sittenwidrigkeit (Wucher) angefochten werden (OGH 2018/05/24, 7 Ob 50/18f; 2017/11/29, 8 Ob 106/17x; 2009/02/24, 4 Ob 240/08k; 2002/09/30, 1 Ob 193/02t; 2000/11/23, 6 Ob 281/00t; 1998/07/16, 6 Ob 192/98y; 1994/06/09, 6 Ob 568/94; 1992/09/30, 2 Ob 540/92; 1992/06/09, 1 Ob 1574/92; 1992/04/24, 1 Ob 568/92; 1990/03/22, 8 Ob 600/89; 1990/03/09, 8 Ob 697/89; 1989/12/05, 4 Ob 611/89; 1987/10/21, 8 Ob 579/87; 1985/03/20, 1 Ob 532/85; RIS-Justiz RS0014757)..

Liegt bei einem Scheidungsfolgenvergleich ein auffallendes Missverhältnis der beiderseitigen Leistungen vor, fehlt es aber an einem der subjektiven Elemente von Wucher, so liegt dennoch Sittenwidrigkeit nach § 879 Abs 1 ABGB vor, wenn ein zusätzliches, dieses ausgleichendes Element der Sittenwidrigkeit hinzutritt. Das kann dann vorliegen, wenn die Erfüllung des Vergleichs die wirtschaftliche Existenz des Anfechtenden bedroht (OGH 2001/05/28, 8 Ob 73/01w1986/11/17, 1 Ob 678/86 - Zweiter Rechtsgang zu 1 Ob 532/85 - ; 1985/03/20, 1 Ob 532/85).

Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Anfechtende dies bei Vertragsabschluss gewusst hat (OGH 2001/05/28, 8 Ob 73/01w).

Allgemeines zur Sittenwidrigkeit:

Unter Umständen kann, wenn eine Ausbeutung gegeben ist, die Generalklausel des § 879 Abs 1 ABGB herangezogen werden, obwohl nicht alle Tatbestandsmerkmale des Wuchers vorliegen, nämlich dann, wenn ein den individuellen Fall prägendes, besonderes zusätzliches Element der Sittenwidrigkeit hinzukommt (OGH 2001/05/28, 8 Ob 73/01w1997/08/27, 9 Ob 231/97d).

Unter Umständen kann, wenn eine Ausbeutung gegeben ist, die Generalklausel des § 879 Abs 1 ABGB herangezogen werden, obwohl nicht alle Tatbestandsmerkmale des Wuchers vorliegen (OGH 1986/01/28, 1 Ob 665/851985/08/28, 1 Ob 612/851985/03/20, 1 Ob 532/85)

Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung allein kein zusätzliches Element (hier Darlehensvertrag, dessen Rückzahlungsverpflichtungen nicht weit über das Doppelte - § 934 ABGB - verkehrsüblicher Bedingungen bei Fehlen jeder Sicherheit hinausgehen) (OGH 1986/01/28, 1 Ob 665/851985/08/28, 1 Ob 612/85).

Praxistipp: Vor allem problematisch sind Unterhaltsvereinbarungen, in welchen sich eine Ehepartner zu Unterhaltsleistungen verpflichtet (unter Ausschluss der Umstandsklausel) und später die Erfüllung der Verpflichtung die Existenz des Verpflichteten gefährdet. Auch ein Unterhaltsverzicht wurde vom OGH für den Fall der Not als ungültig angesehen. Gerade für den letzten Fall wurden aus der Praxis eine Reihe von Formulierungen für den Scheidungsfolgenvergleich empfohlen, die aber alle mE nicht anfechtungsfest sind.