Anfechtung verfahrensleitender Beschlüsse
Verfahrensleitende Beschlüsse können nur dann selbständig angefochten werden, wenn dies ausdrücklich, dh im allgemeinen oder besonderen Teil des AußStrG oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung angeordnet ist.
Eine ausdrückliche Definition des Begriffs "verfahrensleitender Beschluss" ist weder im Gesetz noch in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage enthalten. Es wird auf die zivilprozessuale Praxis verwiesen.
Entscheidungen über Beweisanträge, worunter auch die der Stoffsammlung dienenden Aufträge und Verfügungen fallen, unterliegen als verfahrensleitende Beschlüsse der Anfechtungsbeschränkung des § 45 Satz 2 AußStrG.
Verfahrensleitende Beschlüsse im Sinne des § 45 AußStrG dienen der zweckmäßigen Gestaltung des Verfahrens und haben kein vom Verfahren losgelöstes Eigenleben; das Gericht ist jederzeit in der Lage, sie abzuändern und einer geänderten Situation anzupassen. Als Beispiele werden der Stoffsammlung dienende Aufträge und Verfügungen wie zB die Aktenbeischaffung, aber auch sonstige den Verfahrensablauf betreffende Verfügungen wie die Anberaumung oder Erstreckung einer Tagsatzung angeführt.
Einzelfälle:
Bloß verfahrensleitender Beschluss ohne Anfechtungsmöglichkeit:
Abweisung von Fristerstreckungsanträgen.
Anberaumung einer Tagsatzung.
Einräumung einer Äußerungsmöglichkeit.
Festlegung des Umfangs der Begutachtung (Gutachtensauftrag) ist ein verfahrensleitender Beschluss.
Beschluss mit der der Partei die Mitwirkung bei der Gutachtenserstattung aufgetragen wird ist ein verfahrensleitender Beschluss. Dies auch dann, wenn behauptet wird, durch die angeordnete Mitwirkungspflicht könnten Persönlichkeitsrechte verletzt werden.
Auftrag zur Vorlage von Urkunden.
Beschlussfassung ob die Minderjährigen zu einem bestimmten Beweisthema angehört werden sollen oder nicht.
Sachverständigenbestellungsbeschluss.
Ablehnung der Einholung eines weiteren SV-Gutachtens.
Bloß verfahrensleitender Beschluss ohne abgesonderte Anfechtungsmöglichkeit:
Verwerfung der Ablehnung eines Kinderbeistands.
Kein bloß verfahrensleitender Beschluss; sofortige Anfechtbarkeit:
Bestellung eines Kinderbeistands.
Gegen die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Weigerung einer Zeugenaussage (§ 324 Abs 1 ZPO) ist gemäß § 349 Abs 1 ZPO kein abgesondertes Rechtsmittel zulässig. Dies gilt sowohl für die Parteien als auch für den Zeugen. Im streitigen Verfahren ist daher die Bekämpfung eines solchen Beschlusses mit dem Rechtsmittel gegen die nächstfolgende anfechtbare Entscheidung möglich (§ 515 ZPO; 1 Ob 8/94). Dies ist für den Zeugen, wenn die Weigerung der Aussage für unrechtmäßig erkannt wurde, regelmäßig der Beschluss, mit dem die Zeugnispflicht nach § 325 Abs 1 ZPO zwangsweise durchgesetzt werden soll.
Die in § 35 AußStrG vorgesehene „sinngemäße“ Anwendung der verwiesenen Normen soll nach den Gesetzesmaterialien dazu führen, dass die nach der Terminologie der ZPO „nicht abgesondert anfechtbaren“ Beschlüsse als „nicht selbständig anfechtbare“ Beschlüsse des Verfahrens außer Streitsachen aufzufassen sind und dafür daher die Bestimmung des § 45 AußStrG über die Zulässigkeit des Rekurses und nicht die Regelung des § 515 ZPO heranzuziehen ist. Das würde bedeuten, dass auch ein Beschluss über die Rechtmäßigkeit der Weigerung einer Zeugenaussage nicht mit der nächsten anfechtbaren Entscheidung, sondern nach § 45 Satz 2 AußStrG nur mit dem Rekurs gegen die Entscheidung über die Sache anfechtbar ist.
Diese Möglichkeit der Anfechtung steht zwar den Parteien offen, kommt aber für den betroffenen Zeugen nicht in Betracht. Für diesen muss sich daher die von § 35 AußStrG umfasste Verweisung auf § 349 Abs 1 ZPO wie im streitigen Verfahren auch auf § 515 ZPO erstrecken, sodass ein Beschluss, mit dem die Aussageverweigerung gemäß § 324 Abs 1 ZPO für unrechtmäßig erkannt wurde, auch im Verfahren außer Streitsachen zusammen mit der „nächstfolgenden“ Entscheidung, nämlich jene über die Verhängung einer Geldstrafe angefochten werden kann.
§ 45 AußStrG ab 01.01.2005
4. Abschnitt
Rekurs
Zulässigkeit des Rekurses
AußStrG § 45 Beschlüsse des Gerichtes erster Instanz können mit Rekurs an das Gericht zweiter Instanz (Rekursgericht) angefochten werden. Verfahrensleitende Beschlüsse sind, soweit nicht ihre selbständige Anfechtung angeordnet ist, nur mit dem Rekurs gegen die Entscheidung über die Sache anfechtbar.