Doktoratsstudium; Masterstudium
Gitschthaler, Unterhaltsrecht4, Rz 844ff; Tews, Unterhalt für Kinder2, s 72; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht9, s 191ff;
Doktoratsstudium:
Für die Zeit des Doktoratsstudiums erlischt die Unterhaltspflicht der Eltern dann nicht, wenn der bisherige Studienfortgang zeitlich überdurchschnittlich war, der Erwerb des Doktorgrades ein besseres Fortkommen erwarten lässt, dieses Studium zielstrebig betrieben wird und ein maßstabgerechter Elternteil bei intakten Familienverhältnissen seinem Kind für diesen Zeitraum weiterhin Unterhalt gewährt hätte (OGH 2018/11/06, 5 Ob 185/18v = EF-Slg 157.162; 153.547; 149.830; OGH 2015/09/02, 7 Ob 99/15g; EF-Slg 145.955; 142.076; 134.140; 126.606; OGH 2009/10/13, 5 Ob 150/09h; EF-Slg 123.075; OGH 2008/05/08, 6 Ob 92/08k; 2007/09/28, 9 Ob 87/06v; 2003/03/25, 1 Ob 50/03i; 2002/11/26, 1 Ob 177/02i; 1998/11/11, 7 Ob 302/98g; 1998/02/11, 9 ObA 240/97b; 1996/03/13, 3 Ob 2083/96m).
Dies gilt auch für ein Master- bzw Magisterstudium (EF-Slg 153.543; 134.141).
Maßgeblich ist dann nur noch die durchschnittliche Dauer dieses Studiums, nicht aber die kürzestmögliche Studiendauer und dass das Studium ernsthaft und zielstrebig betrieben wird (EF-Slg 126.606; OGH 2009/10/13, 5 Ob 150/09h; EF-Slg 123.075).
Ein an das Diplomstudium anschließendes Doktoratsstudium schiebt den Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkei hinaus, wenn der Unterhaltsberechtigte bisher überdurchschnittliche Leistungen erbracht hat und für die angestrebte wissenschaftliche Tätigkeit der Erwerb eines Doktorats ein besseres Fortkommen erwarten lässt. In diesem Fall ist auch ein Doktoratsstudium an einer ausländischen Universität unterhaltsunschädlich (OGH 2009/10/13, 5 Ob 150/09h; EF-Slg 123.075).
Verneinung der Unterhaltspflicht für Doktoratsstudium (OGH 1998/11/07, 7 Ob 302/98g);
wegen Unzumutbarkeit für den Unterhaltspflichtigen (LG Innsbruck, 2002/12/02, 3 R 295/02g).
Verneinung der Unterhaltspflicht bei mäßigem Studienfortschritt (OGH 1998/11/11, 3 Ob 254/98v)
Bejahung der Unterhaltspflicht für Studium im "zweiten Anlauf" (OGH 1998/08/27, 2 Ob 97/97x)
Im vorliegenden Fall geht es demgegenüber nicht um die Gewährung von Unterhalt für ein Doktoratsstudium, welches nunmehr nach der gesetzlichen Zielvorgabe des § 51 Abs 2 Z 12 UG 2002 eindeutig nur mehr der Heranbildung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und somit nur mehr sehr eingeschränkt der Berufsvorbereitung dient, sondern um ein Masterstudium, das nach der Vorgabe des § 51 Abs 2 Z 5 UG 2002 der Vertiefung und Ergänzung der wissenschaftlichen Berufsvorbildung dient (OGH 2008/05/08, 6 Ob 92/08k).
Anmerkung: Diese Entscheidung ist wohl so zu verstehen, dass abseits einer wissenschaftlichen Karriere ein Doktoratsstudium eher nicht mehr unterhaltsberechtigt macht.
Ein an das Diplomstudium anschließendes Doktoratsstudium schiebt den Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit des Unterhaltsberechtigten hinaus, wenn dieser bisher überdurchschnittliche Studienleistungen erbracht hat und für die angestrebte wissenschaftliche Tätigkeit der Erwerb eines Doktorats ein besseres Fortkommen erwarten lässt. Unter besonderen Voraussetzungen trifft dies auch auf eine weitergehende wissenschaftliche Ausbildung im Ausland zu.
Bachelor- und Masterstudium sind kein einheitliches Studium:
Entgegen der Auffassung des Antragstellers sind das Bachelor und das Masterstudium nicht als einheitliches „Maschinenbaustudium“ zu qualifizieren. Der Revisionsrekurswerber möchte aus dieser von ihm angenommenen Einheit des „Gesamtstudiums“ ableiten, dass die durchschnittlichen Studienzeiten für Bachelor- und Masterstudium zusammenzurechnen sind und erst bei Überschreiten der durchschnittlichen „Gesamtstudiendauer“ eine Unterhaltsenthebung gerechtfertigt sei.
Dabei lässt er allerdings außer Acht, dass sich aus § 51 Abs 1 Z 4 und 5 des Universitätsgesetzes 2002 BGBl I 2002/120 ergibt, dass Bachelor und Masterstudien jeweils ordentliche Studien sind, wobei Bachelorstudien als ordentliche Studien definiert werden, die der wissenschaftlichen und künstlerischen Berufsvorbildung und der Qualifizierung für berufliche Tätigkeiten dienen, welche die Anwendung wissenschaftlicher und künstlerischer Erkenntnisse und Methoden erfordern. Diese Studien erfüllen die Anforderungen des Art 11 lit d der Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, 005/36/EG.
Zutreffend ist daher das Rekursgericht davon ausgegangen, dass das Bachelorstudium als selbständiges ordentliches Studium zu betrachten ist und daher bei der Beurteilung, ab wann der Antragsgegner von seiner Unterhaltspflicht enthoben ist, auf die durchschnittliche Studiendauer des Bachelorstudiums abzustellen ist.
Davon zu unterscheiden ist, dass die Unterhaltspflicht für die Dauer eines an ein Bachelorstudium anschließendes und zielstrebig betriebenes Masterstudium auch ohne die von der Rechtsprechung geforderten strengen Kriterien für die Zumutbarkeit der Finanzierung eines Doktoratsstudiums (RIS Justiz RS0101996) besteht (6 Ob 92/08k; 9 Ob 63/08t). Wird aber - wie hier - nicht einmal das Bachelorstudium in der durchschnittlichen Gesamtstudiendauer absolviert, stellt sich die Frage nach der Zumutbarkeit der Finanzierung eines Masterstudiums nicht.
(OGH 2014/08/21, 3 Ob 69/14i; EF-Slg 142.073; 142.072)
Masterstudium:
Ein Masterstudium, dient nach der Vorgabe des § 51 Abs 2 Z 5 UG 2002 der Vertiefung und Ergänzung der wissenschaftlichen Berufsvorbildung und bedingt eine Unterhaltsberechtigung, vor allem wenn das Masterstudium eine Vorausetzung für bestimmte Berufe darstellt (EF-Slg 126.607; OGH 2009/08/04, 9 Ob 63/08t; 2008/05/08, 6 Ob 92/08k). Die strengen Voraussetzungen für das Doktoratsstudium sind nicht anzuwenden (EF-Slg 160.292; 126.607).
Im Hinblick auf die Ansiedlung des Masterstudiums deutlich unterhalb des Doktoratsstudiums können diese Anforderungen für das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs nicht in voller Strenge auf das Masterstudium nach dem UG 2002 übertragen werden. Entscheidend ist vielmehr, dass auch das Masterstudium noch unmittelbar der Berufsvorbereitung dient (OGH 2018/11/06, 5 Ob 185/18v; EF-Slg 157.159; OGH 2017/01/26, 9 Ob 34/16i; EF-Slg 153.543; 149.824; 145.956; OGH 2009/08/04, 9 Ob 63/08t; 2008/05/08, 6 Ob 92/08k).
Es kann nicht verlangt werden, dass mit Sicherheit feststeht, dass durch das Magisterstudium die Berufschancen und Einkommenschancen des Unterhaltsberechtigten verbessert werden. Bei einer über vier zusätzliche Semester gehenden, vertiefenden Berufsvorbildung spricht jedenfalls die allgemeine Lebenserfahrung für eine Erweiterung der beruflichen Möglichkeiten (EF-Slg 145.957; 142.075; 138.454). Ob diese Erweiterung „erheblich" ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (OGH 2009/08/04, 9 Ob 63/08t).
Die Unterhaltspflicht für die Dauer eines an ein Bachelorstudium anschließendes und zielstrebig betriebenes Masterstudium besteht auch ohne die von der Rechtsprechung geforderten Kriterien für die Zumutbarkeit eines Doktoratsstudium (EF-Slg 163.712; 149.824).
Wird aber bereits das Bachelorstudium nicht in der durchschnittlichen Studiendauer absolviert, stellt sich die Frage der Zumutbarkeit der Finanzierung des Masterstudiums nicht (OGH 2017/01/26, 9 Ob 34/16i; EF-Slg 153.544; 149.825; 142.073).
Masterstudium BWL (OGH 2008/05/08, 6 Ob 92/08k).
Masterstudium Publizistikwissenschaft und Kommunikationswissenschaft (OGH 2009/08/04, 9 Ob 63/08t).
Masterstudium Musikwissenschaft (EF-Slg 138.454).
Es schadet nicht, dass der UhBer zwischen dem Abschluss des Bachelorstudiums und der Aufnahme des Masterstudiums eine Teilzeitbeschäftigung an der Universität nachging (EF-Slg 142.074).
Die finanzielle Zumutbarkeit der Finanzierung auch eines Masterstudiums kann anhand der Bestimmungen der EO (Unterhaltsexistenzminimum) beurteilt werden (EF-Slg 153.545).
Die Unterhaltspflicht für die Dauer eines an ein Bachelorstudium anschließend und zielstrebig betreibenes Masterstudium besteht auch ohne die von der Rechtsprechung geforderten Kriterien für die Zumutbarkeit eines Doktoratsstudiums (EF-Slg 167.345; 149.824).
Behauptungs- und Beweislast:
Der Unterhaltsberechtigte trägt die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass das Doktoratsstudium nach abgeschlossenem Studium ein besseres Fortkommen fördern würde (EF-Slg 89.599).
Studium des Unterhaltsberechtigten
Grundsatz: Ob der Unterhaltsverpflichtete dem Unterhaltsberechtigten ein Studium ermöglichen muss, hängt überhaupt nicht vom Ausbildungsstand des Unterhaltspflichtigen ab. D.h. es ist unerheblich, welche Ausbildung die Eltern haben. Im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit müssen sie das Studium unterstützen, wenn der Berechtigte für das Studium (durchschnittlich) geeignet ist und entsprechende Lernfortschritte macht.
Der Vater hat nicht nur eine abgeschlossene Berufsausbildung entsprechend seinem Stand und Vermögen zu gewähren (EvBl 1977/31 ua), sondern auch zu einer höherwertigen weiteren Berufsausbildung seines Kindes beizutragen, wenn dieses die zum Studium erforderlichen Fähigkeiten besitzt, dieses Studium ernsthaft und zielstrebig betreibt und wenn dem Vater nach seinen Einkommensverhältnissen und Vermögensverhältnissen eine solche Beteiligung an den Kosten des Studiums seines Kindes möglich und zumutbar ist.
Ein einmaliger Studienwechsel wird in der Regel von der Rechtssprechung toleriert. Kann die Überschreitung der angemessenen Überlegungsfrist des Kindes hinsichtlich des erstmaligen Studienwechsels noch als entschuldbar angesehen werden, so schadet es nicht, wenn das erste Studium nicht ernsthaft und zielstrebig betrieben wurde.
Selbst ein ursprünglich aus dem Verschulden des Kindes erloschener Unterhaltsanspruch kann wieder aufleben.
Unterschiedlich sind die Entscheidungen über die Unterhaltspflicht während des Studiums, wenn die durchschnittliche Studiendauer noch nicht verbraucht wurde. Die neuere Rechtssprechung verlangt vom Studenten auch im Rahmen der durchschnittlichen Studiendauer zielstrebiges Studieren. Ein "Freisemester" ist daher nicht zulässig. Zu beachten ist, dass der OGH sich an der "Verschärfung" der Voraussetzungen für die Familienbeihilfe orientiert hat.
Der Geldunterhaltspflichtige ist im Falle einer weiterführenden Berufsausbildung seines Kindes nach Ablegung der Reifeprüfung an einer berufsbildenden höheren Schule gewöhnlich bis zum Unterhaltsexistenzminimum eines unselbständig Erwerbstätigen mit beschränkt pfändbaren Bezügen als Untergrenze belastbar.
Bei der Lösung der Frage, ob der Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit durch ein Studium hinausgeschoben wird, kann nicht allein das Lebensalter herangezogen werden, sondern es kommt auf die durchschnittliche Studiendauer an. Durch die Aufnahme eines Studiums wird der Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes solange hinausgeschoben, wie die durchschnittliche Dauer dieses Studiums beträgt. Auch während dieses Zeitraumes hat das Kind aber nur Anspruch auf Unterhalt, wenn es das Studium ernsthaft und zielstrebig im Sinn des § 2 Abs 1 lit b FamLAG idF BGBl 1992/311 betreibt. Es ist grundsätzlich auf die durchschnittliche Studiendauer für einzelne Studienabschnitte abzustellen.
Auch für ein Hochschulstudium nach Ablegung der Reifeprüfung an einer berufsbildenden mittleren Schule (hier: Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Frauenberufe) haben die Eltern nach den gleichen Grundsätzen wie nach Absolvierung einer AHS Unterhalt zu leisten. Es kommt nicht darauf an, ob das Kind eine AHS oder eine BHS absolvierte.
Die erforderliche Eignung für ein Universitätsstudium wird bereits durch die Reifeprüfung selbst dokumentiert, und zwar auch bei verspäteter Ablegung der Reifeprüfung.
Studienfortschritt:
Soll sich die in ständiger Rechtsprechung (Gitschthaler, Unterhaltsrecht Rz 375 mwN) mit Billigung der Lehre (vgl Gitschthaler aaO) vertretene Auffassung, der Beginn eines Studiums schließe die Selbsterhaltungsfähigkeit nur dann nicht aus, wenn das Studium ernsthaft und zielgerichtet betrieben werde, nicht als bloße Leerformel erweisen, ist vielmehr eine Überprüfung des angemessenen Studienfortganges auch während des Studiums vor Ablauf der Studienhöchstdauer unerlässlich, will man nicht dem Unterhaltsberechtigten einen völligen Freibrief zu Lasten des Unterhaltspflichtigen ausstellen.
Bakkalareutstudium:
Unterhaltsanspruch aufrecht trotz zweimaliger Wiederholung wenn letztlich doch die Matura abgelegt wird. zu den Voraussetzungen der Zielstrebigkeit eines Bakkalaureatsstudium. Ist absehbar, dass das Studium nur noch mit massiver Verzögerung abgeschlossen werden kann ist der Student fiktiv als selbsterhaltungsfähig zu behandeln.
Doktoratsstudium:
Für die Zeit des Doktoratsstudiums erlischt die Unterhaltspflicht der Eltern dann nicht, wenn der bisherige Studienfortgang zeitlich überdurchschnittlich war, der Erwerb des Doktorgrades ein besseres Fortkommen erwarten lässt, dieses Studium zielstrebig betrieben wird und ein maßstabgerechter Elternteil bei intakten Familienverhältnissen seinem Kind für diesen Zeitraum weiterhin Unterhalt gewährt hätte.
Entscheidung: Verneinung der Unterhaltspflicht für Doktoratsstudium
Entscheidung: Verneinung der Unterhaltspflicht bei mäßigem Studienfortschritt
Entscheidung: Bejahung der Unterhaltspflicht für Studium im "zweiten Anlauf"
Studienwechsel:
Studienwechsel nach erstem Semester wird von der Judikatur grundsätzlich zugebilligt, da davon ausgegangen werden kann, dass nach einem Semester die persönlichen Vorlieben, Qualifikationen, und Aussichten besser beurteilt werden können. Selbst ein Studienwechsel erst nach drei Jahren wurde als "entschuldbare Fehlleistung" qualifiziert.
Überlegungsfrist, Übergangsfrist Matura - Studium:
Grundsätzlich soll die einem Kind nach der Matura vor der endgültigen Wahl eines seines Neigungen und Fähigkeiten entsprechenden Studiums oder einer sonstigen Berufsausbildung zuzubilligende Überlegungs- und Korrekturfrist "im Allgemeinen" die Dauer eines Jahres nicht übersteigen soll. Entscheidend für die Beurteilung der Angemessenheit der in Anspruch genommenen Frist sind demnach jeweils die konkreten Umstände des Einzelfalles. Im vorliegenden Fall liegt die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, dass die doch erhebliche Überschreitung der "im Allgemeinen" zugebilligten Frist im Hinblick auf das ausdrücklich erklärte Einverständnis des Unterhaltspflichtigen zur Annahme einer von vornherein nur als "Übergangsjob" angetretenen Arbeitsstelle und zu dem daran anschließenden Auslandsaufenthalt sowie auf die mit der Geburt eines Kindes verbundene weitere Verzögerung im Falle der Klägerin noch entschuldbar sei, im Rahmen des ihm zur Verfügung stehenden Ermessensspielraumes.
Keine Bindung an den Familienbeihilfenbescheid betreffend Studienfortschritt
Der Bescheid über die Gewährung der Familienbeihilfe hat keine Bindungswirkung dahin, dass im gerichtlichen Unterhaltsverfahren jedenfalls vom Vorliegen der Voraussetzung, dass das Studium ernsthaft und zielstrebig betrieben wird, ausgegangen werden müsste (OGH 1995/11/08, 7 Ob 625/95).
Praxistipp: Eigentlich müsste man es realistisch umgekehrt formulieren. Wenn keine FBH mehr ausbezahlt wird, dann besteht eine reale Chance /Gefahr die Unterhaltsverpflichtung zu bestreiten / zu verlieren.