Studium des Unterhaltsberechtigten
Gitschthaler, Unterhaltsrecht4, Rz 806f, 818f, 822ff, 825ff;
Grundsätze:
Der Unterhaltspflichtige ist nicht berechtigt, den sozialen Aufstieg des Kindes zu vereiteln, sondern zur Unterhaltsleistung solange verpflichtet, als das Kind seine weitere Berufsausbildung zielstrebig verfolgt.
Ein Studium schiebt den Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit hinaus, wenn es einerseits den Lebensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen entspricht, andererseits das Kind die hiefür erforderlichen Fähigkeiten besitzt und das Studium ernsthaft und zielstrebig betreibt.
Die Eltern haben dem Kind nicht nur eine abgeschlossene Berufsausbildung entsprechend seinem Stand und Vermögen zu gewähren, sondern auch zu einer höherwertigen weiteren Berufsausbildung ihres Kindes beizutragen, wenn dieses die zum Studium erforderlichen Fähigkeiten besitzt, dieses Studium ernsthaft und zielstrebig zu betreiben und den Eltern nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen eine solche Beteiligung an den Kosten des Studiums ihres Kindes möglich und zumutbar ist.
Das Hochschulstudium gewährt grundsätzlich bessere Berufsaussichten.
Im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit müssen sie das Studium unterstützen, wenn der Berechtigte für das Studium (durchschnittlich) geeignet ist und entsprechende Lernfortschritte macht.
Ein einmaliger Studienwechsel wird in der Regel von der Rechtssprechung toleriert. Kann die Überschreitung der angemessenen Überlegungsfrist des Kindes hinsichtlich des erstmaligen Studienwechsels noch als entschuldbar angesehen werden, so schadet es nicht, wenn das erste Studium nicht ernsthaft und zielstrebig betrieben wurde.
Selbst ein ursprünglich aus dem Verschulden des Kindes erloschener Unterhaltsanspruch kann wieder aufleben.
Unterschiedlich sind die Entscheidungen über die Unterhaltspflicht während des Studiums, wenn die durchschnittliche Studiendauer noch nicht verbraucht wurde. Die neuere Rechtsprechung verlangt vom Studenten auch im Rahmen der durchschnittlichen Studiendauer zielstrebiges Studieren. Ein "Freisemester" ist daher nicht zulässig. Zu beachten ist, dass der OGH sich an der "Verschärfung" der Voraussetzungen für die Familienbeihilfe orientiert hat.
Der Geldunterhaltspflichtige ist im Falle einer weiterführenden Berufsausbildung seines Kindes nach Ablegung der Reifeprüfung an einer berufsbildenden höheren Schule gewöhnlich bis zum Unterhaltsexistenzminimum eines unselbständig Erwerbstätigen mit beschränkt pfändbaren Bezügen als Untergrenze belastbar.
Bei der Lösung der Frage, ob der Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit durch ein Studium hinausgeschoben wird, kann nicht allein das Lebensalter herangezogen werden, sondern es kommt auf die durchschnittliche Studiendauer an. Durch die Aufnahme eines Studiums wird der Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes solange hinausgeschoben, wie die durchschnittliche Dauer dieses Studiums beträgt. Auch während dieses Zeitraumes hat das Kind aber nur Anspruch auf Unterhalt, wenn es das Studium ernsthaft und zielstrebig im Sinn des § 2 Abs 1 lit b FamLAG idF BGBl 1992/311 betreibt. Es ist grundsätzlich auf die durchschnittliche Studiendauer für einzelne Studienabschnitte abzustellen.
Die erforderliche Eignung für ein Universitätsstudium wird bereits durch die Reifeprüfung selbst dokumentiert (EF-Slg 145.924; 142.028; 138.431; 104.020; 86.748), und zwar auch bei verspäteter Ablegung der Reifeprüfung .
Studienfortschritt:
Soll sich die in ständiger Rechtsprechung (Gitschthaler, Unterhaltsrecht Rz 375 mwN) mit Billigung der Lehre (vgl Gitschthaler aaO) vertretene Auffassung, der Beginn eines Studiums schließe die Selbsterhaltungsfähigkeit nur dann nicht aus, wenn das Studium ernsthaft und zielgerichtet betrieben werde, nicht als bloße Leerformel erweisen, ist vielmehr eine Überprüfung des angemessenen Studienfortganges auch während des Studiums vor Ablauf der Studienhöchstdauer unerlässlich, will man nicht dem Unterhaltsberechtigten einen völligen Freibrief zu Lasten des Unterhaltspflichtigen ausstellen.
Bakkalareutstudium:
Unterhaltsanspruch aufrecht trotz zweimaliger Wiederholung wenn letztlich doch die Matura abgelegt wird. Zu den Voraussetzungen der Zielstrebigkeit eines Bakkalaureatsstudium. Ist absehbar, dass das Studium nur noch mit massiver Verzögerung abgeschlossen werden kann ist der Student fiktiv als selbsterhaltungsfähig zu behandeln.
Doktoratsstudium
Studienwechsel
Studium nach Matura an berufsbildender höherer Schule:
Für eine verschiedene Behandlung der Absolventen einer Allgemeinbildenden Höheren Lehranstalt und einer berufsbildenden mittleren Schule wie hier der Höheren Lehranstalt für wirtschaftliche Frauenberufe sprechen keine entscheidenden Gründe. Auch den Absolventen einer Allgemeinbildenden Höheren Schule stehen schon ohne Hochschulstudium - vor allem im Staatsdienst, aber auch in jenen Zweigen der Privatwirtschaft, in denen eine spezielle fachliche Ausbildung erst während des Arbeitsverhältnisses vorgesehen ist - zahlreiche berufliche Möglichkeiten offen. Diese sind nicht wesentlich geringer als für Absolventen einer Höheren Lehranstalt für wirtschaftliche Frauenberufe. Würde man die Zulässigkeit des Weiterstudiums auf Grund von Reifeprüfungszeugnissen davon abhängig machen, daß es sich um das Zeugnis einer Lehranstalt ohne spezielle fachliche Ausrichtung handelt, dann würde dies eine deutlich ungleiche Behandlung der Absolventen der verschiedenen höheren Schulen bedeuten. Absolventen einer Schule, die nach ihrem Lehrplan die Ausbildung in einer bestimmten fachlichen Richtung anstrebt, wäre dann nur unter erschwerten Voraussetzungen ein nicht diesem Ausbildungsziel entsprechendes Studium auf Kosten der Eltern möglich. Berücksichtigt man aber, daß die Wahl unter den verschiedenen, zum Universitätsstudium berechtigenden höheren Lehranstalten meist auf dem Willen der Eltern beruht und zu einem Zeitpunkt erfolgt, in welchem das Kind in der Regel noch keine konkreten Vorstellungen von seinem künftigen Beruf hat, dann spricht nichts für eine unterschiedliche Behandlung der Absolventen der verschiedenen Lehranstalten. Der Gesetzgeber hat dem insofern Rechnung getragen, als er allen Absolventen die Möglichkeit des Universitätsstudiums - allenfalls mit Zusatzprüfungen - einräumte.
Auch für ein Hochschulstudium nach Ablegung der Reifeprüfung an einer berufsbildenden mittleren Schule (hier: Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Frauenberufe) haben die Eltern nach den gleichen Grundsätzen wie nach Absolvierung einer AHS Unterhalt zu leisten. Es kommt nicht darauf an, ob das Kind eine AHS oder eine BHS absolvierte, auch wenn mit der Matura die Berechtigung zur Ausübung eines Lehrberufs oder die Voraussetzungen für die Ausübung eines Gewerbes verbunden ist. Allerdings muss im letzten Fall den Eltern die Finanzierung des Studiums zumutbar sein, weil schon eine abgeschlossene Berufsausbildung gegeben ist.
Schlechter Schulerfolg und Studium:
Verspätete Ablegung der Reifeprüfung schließt Eignung für ein Universitätsstudium noch nicht aus.
Selbst der mehrfachen Klassenwiederholung kann für sich allein noch keine entscheidende Bedeutung für die Beurteilung der Eignung zum Besuch höherer Schulen oder gar für ein Studium beigemessen werden.
Die erforderliche Eignung für ein Universitätsstudium wird bereits durch die Reifeprüfung selbst dokumentiert.
Auch bei einer einmaligen Klassenwiederholung.
Die verspätete Ablegung der Reifeprüfung als solche führt noch nicht zur Annahme der Selbsterhaltungsfähigkeit.
Dem Verlust der Studienberechtigung für ein bestimmtes Diplomstudium ist jedenfalls nicht die Bedeutung beizumessen, es fehle die Eignung generell für jedes andere Universitätsstudium.Die in früheren (sehr alten) Entscheidungen angestellten Überlegunen, dass nur bei überdurchschnittlichem Erfolg in der Mittelschule das Studium zu bezahlen ist, werden heute nicht mehr judiziert.