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Eigenmächtige Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft,; "böswilliges" Verlassen

Unter der häuslichen Gemeinschaft nach § 55 EheG ist die Geschlechts-, Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft zu verstehen sowie, dass erst dann von einer Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft gesprochen werden kann, wenn alle drei Voraussetzungen weggefallen sind.

Die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft der Ehegatten über eine bestimmte Zeitdauer (drei bzw. sechs Jahre) ist Voraussetzung für Zerrüttungsscheidung nach § 55 EheG.
Nach § 55a EheG ist die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft über mehr als sechs Monate Voraussetzung für die einvernehmliche Ehescheidung. Die Voraussetzung nach § 55 EheG ist daher etwas "strenger".

Die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten ist auch dann aufgehoben ist, wenn die Ehegatten zwar noch unter einem Dach wohnen, aber ihre Lebensbereiche derart getrennt sind, dass die persönliche Berührung weitgehend ausgeschaltet ist.

Außereheliche Affären, die der Mann der Frau verheimlicht, führen noch nicht zur Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft.

Selbst ein Wohnen der Ehegatten in derselben Wohnung - was hier nicht der Fall ist - schließt noch nicht die Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft schlechthin aus, wenn die Ehegatten sonst in ihrer Lebensführung vollständig getrennt leben. Das Gesetz erfordert für eine Scheidung wegen unheilbarer Zerrüttung derEhe die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft während einer bestimmten Zeit, nicht aber den Abbruch jeglichen persönlichen Kontaktes.

Als Voraussetzung für die Ehescheidung muss nur die Aufhebung der ehelichen häuslichen Gemeinschaft seit drei bzw. sechs Jahren vorliegen, die unheilbare Zerrüttung kann auch kürzer gegeben sein.

In diesem Rahmen sind sogar vereinzelte geschlechtliche Kontakte zwischen den Ehegatten unschädlich.

Gelegentliche Besuche beseitigen nicht die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft.

Wirtschaftliche Kontakte der Eheleute beseitigen nicht die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft.

Unterstützung in abgegrenzten Teilbereichen beseitigen nicht die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft.

Gespräche der Eheleute über gemeinsam zu regelnde wirtschaftlichen Angelegenheiten beseitigen nicht die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft.

Gelegentliche Besuche mit fallweisem Geschlechtsverkehr und Unterstützung bei der Pflege der Schwiegermutter  beseitigen nicht die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft.

Wird das Scheidungsbegehren auf § 55 EheG gestützt und erweist sich, dass eine häusliche Gemeinschaft der Ehegatten niemals aufgenommen wurde, wurde von der Rechtsprechung darin ein Indiz für eine unheilbare Zerrüttung angenommen.

Keine Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft, wenn die Streitteile noch gemeinsam im Ehebett schlafen, ein gemeinsamer Haushalt geführt wird, die Ehegattin geschäftliche Anrufe entgegennimmt und weiterleitet.

Relativ regelmäßige Besuche mit immer wieder stattfindendem Geschlechtsverkehr bedeuten keine Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft.

Keine Aufhebung der Wirtschaftsgemeinschaft, wenn alle ein bis zwei Wochen ein gemeinsamer Großeinkauf durchgeführt wird.

Eine derartige Trennung auch der häuslichen Gemeinschaft ist nach der Judikatur aber auch in der gemeinsamen Ehewohnung möglich. Nach ständiger Rechtsprechung ist unter der häuslichen Gemeinschaft eine Wohnungs-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft zu verstehen. Die eheliche häusliche Gemeinschaft ist er dann aufgehoben, wenn alle drei Elemente nicht mehr bestehen. Die persönliche Berührung muss weitgehend ausgeschaltet sein und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles die Wohnungs-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft der Ehegatten weggefallen sein.
Halten die Ehegatten nach einer deutlichen Einschränkung der gemeinsamen Lebensführung Kontakte in gewissen Bereichen aufrecht, müssen die konkreten äußeren und inneren Umstände der wechselseitigen Beziehungen von Fall zu Fall abgewogen werden, um die Aufrechterhaltung oder Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft beurteilen zu können.
Das Vorliegen einer Wohngemeinschaft ist zu verneinen, wenn die Ehegatten zwar in der Wohnung verbleiben, aber ein Zustand besteht, durch den die persönliche Berührung der Ehegatten weitgehend ausgeschaltet ist; denn eine häusliche Gemeinschaft setzt eine Beziehung der Ehegatten voraus, die als Gemeinschaft anzusehen ist. Selbst wechselseitige Unterstützungen der Ehegatten in abgegrenzten Teilbereichen vermögen an der Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft nichts zu ändern.

Die eheliche Gemeinschaft kann auch dann aufgehoben sein, wenn die Ehegatten nur noch die Räume einer gemeinsamen Wohnung benützen, also nur noch eine Wohngemeinschaft besteht, darüber hinaus zwischen ihnen aber keine Bindung mehr besteht. Die Ehe ist eine geistig-seelisch-körperliche und damit verbunden auch kulturelle und wirtschaftliche Gemeinschaft. Auch wenn keinerlei geschlechtliche Beziehungen mehr zwischen den Ehegatten bestehen, so genügt es zum Fortbestand einer Gemeinschaft, wenn die Ehegatten noch durch gemeinsame geistige Interessen verbunden sind, aber auch, wenn sie noch gemeinsam wirtschaften. Der Umstand allein, daß sie unter demselben Dach wohnen, ohne jedoch wie immer geartete Gemeinsamkeiten zu pflegen, reicht nicht dafür aus, um den Fortbestand einer häuslichen Gemeinschaft anzunehmen.

Nicht ausreichen wird für eine Wirtschaftsgemeinschaft die Leistung des gesetzlichen Unterhaltes, zu der der Ehegatte bei aufrechter Ehe (§ 94 ABGB) verpflichtet ist. Wenn ein Teil die Scheidungsklage einbringt und diese auch ordnungsgemäß betreibt, wird man wohl trotz weiterem Wohnen in der Ehewohnung von einer Aufhebung der ehelichen häuslichen Gemeinschaft ausgehen müssen.

Der Begriff „häusliche Gemeinschaft" ist auch bei verheirateten, gemeinsam tätigen Gewerbetreibenden grundsätzlich nicht anders zu beurteilen als bei unselbständig berufstätigen Eheleuten .

Das Berufungsgericht hat bereits in seinem Aufhebungsbeschluss im ersten Rechtsgang zutreffend darauf hingewiesen, dass das Vorliegen einer Wohnungsgemeinschaft nach der Rechtsprechung auch dann verneint werden kann, wenn die Ehegatten in der Wohnung verbleiben. Doch muss dann ein Zustand bestehen, durch den die persönliche Berührung der Ehegatten weitgehend ausgeschaltet ist (RIS Justiz RS0057040). Nach den den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen wurde den Streitteilen im Rahmen einer Familienberatung zwischen 16. 9. 2013 und 28. 11. 2013 geraten, sich zur Gänze aus dem Weg zu gehen, damit sie nicht mehr persönlich aufeinandertreffen. Sie begannen, ihre Lebensbereiche immer mehr zu trennen. Unstrittig hatte die
Beklagte zwar Zugriff auf das Konto des Klägers bis Jänner 2014, sie eröffnete aber bereits am 30. 1. 2013 ein eigenes Konto, auf das der Kläger auch immer wieder Geld überwies. Ab Anfang Dezember 2013 kaufte die Beklagte für den Kläger nicht mehr ein, wusch nicht mehr seine Wäsche und kochte nicht mehr für ihn. Der Kläger mietete am 1. 12. 2013 eine Wohnung für sich. Es erfolgte zwar kein gänzlicher Auszug aus der Ehewohnung, die Anwesenheit des Klägers dort wurde aber sukzessive weniger. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass die häusliche Gemeinschaft der Streitteile im Sinn des § 57 Abs 1 EheG Anfang Dezember 2013 aufgelöst war, ist vor diesem Hintergrund vertretbar.