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gerechtfertigter Auszug aus der Ehewohnung

Gemäß § 90 Abs 1 ABGB sind die Ehegatten einander zur umfassenden ehelichen Lebensgemeinschaft sowie zur Treue, zur anständigen Begegnung und zum Beistand verpflichtet. Der Pflichtenkatalog umfasst nach dem Gesetzestext ausdrücklich auch die Pflicht zum gemeinsamen Wohnen.
Ist ein Ehegatte über die Wohnung, die der Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des anderen Ehegatten dient, verfügungsberechtigt, so hat dieser nach § 97 ABGB einen Anspruch darauf, dass der verfügungsberechtigte Ehegatte alles unterlasse und vorkehre, damit der auf die Wohnung angewiesene Ehegatte diese nicht verliere (familienrechtlicher Wohnungserhaltungsanspruch). Dass die Klägerin die Wohnung 1 im August 2019 verlassen hatte, schadet ihr im vorliegenden Fall nicht. Sie zog nach den Feststellungen nämlich aus, um ihren Vater zu pflegen, sodass von einer rechtmäßigen gesonderten Wohnungsnahme nach § 92 Abs 2 ABGB aus wichtigen persönlichen Gründen auszugehen ist. Nach Wegfall des Grundes für die gesonderte Wohnungsnahme lebt die Pflicht zum gemeinsamen Wohnen wieder auf.
Der verbleibende Ehepartner darf die Ehewohnung in der Zwischenzeit nicht aufgeben, weil auch bei gesonderter Wohnungsnahme jeder Ehepartner das Recht behält, die Ehewohnung jederzeit und ohne Einholung der Zustimmung oder Gestattung durch den anderen Ehegatten zu betreten und zu benützen.