Ausländisches Scheidungsverfahren und Streitanhängigkeit
Auch ein im Ausland anhängiges Verfahren stellt nach ständiger Rechtsprechung – außerhalb des Anwendungsbereichs von Art 20 Brüssel IIb-VO – nach den Regeln über die Rechtshängigkeit ein Prozesshindernis dar, wenn die ausländische Entscheidung im Inland anerkennungsfähig wäre und vollstreckt werden könnte, wie dies hier aufgrund des Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrags zwischen Österreich und der Schweiz vom 16. 12. 1960, BGBl 125/1962 zutrifft. Durch die Beachtung der ausländischen Rechtshängigkeit sollen einander widersprechende Entscheidungen in ein und derselben Sache verhindert werden.
Der gleiche Streitgegenstand liegt aber nur vor, wenn der in der neuen Klage geltend gemachte prozessuale Anspruch sowohl hinsichtlich des Begehrens als auch hinsichtlich des rechtserzeugenden Sachverhalts, also des Klagsgrundes, mit jenem des Vorprozesses identisch ist. Die Identität der rechtserzeugenden Tatsachen ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu verneinen, wenn in einer zweiten Scheidungsklage zusätzliches Vorbringen zum Verschulden des Beklagten an der Zerrüttung erstattet wird und es nach dem anzuwendenden materiellen Recht auf das Verschulden dieses Ehegatten ankommt. Die in der Schweiz wegen einer zwei Jahre übersteigenden häuslichen Trennung erhobene Scheidungsklage steht daher der beim Erstgericht eingebrachten und auf das Verschulden des Beklagten gestützten Scheidungsklage nicht entgegen.