Wohnbedarf gedeckter - Eigentum des Kindes
Bewohnt das Kind eine ihm selbst gehörende Wohnung, ist in der Literatur strittig, ob der Geldunterhaltspflichtige ihm deshalb weniger Unterhalt schuldet.
Gitschthaler bejaht dies und führt als Grund an, dass auch hier durch die Wohnversorgung der Unterhaltsbedarf des Kindes vermindert sei. Würde das Kind die Wohnung nicht selbst bewohnen, könnte es Mieteinkünfte erzielen, die sodann als Eigeneinkommen zu berücksichtigen wären. Der Umstand, dass das Kind die Wohnung selbst bewohne, könne nicht zu Lasten des geldunterhaltspflichtigen Elternteils gehen. Diese Ausführungen beziehen sich allgemein auf eine eigene Wohnung des Kindes, als Beispiele nennt Gitschthaler eine geerbte oder geschenkte.Schwimann/Kolmasch lehnen demgegenüber ab, wegen der durch eine eigene – vom Geldunterhaltspflichtigen nicht zur Verfügung gestellte – Wohnung des Kindes gegebenen Bedarfsdeckung dessen Unterhaltsanspruch zu mindern. Es lasse sich auch im Fall einer ohne Übernahme von Belastungen geerbten oder von einem Dritten geschenkten Eigentumswohnung schwerlich behaupten, dass das Kind keinen Unterhaltsbedarf für Wohnen mehr habe, weil auch hier zur Erhaltung der Wohnmöglichkeit Kosten abzudecken seien, die in der Höhe durchaus Mietaufwendungen vergleichbar sein könnten. Auch bloß die Ersparnis gegenüber einem normalen Mietaufwand in Anschlag zu bringen, lehnen diese Autoren ab. Der Unterhaltsschuldner werde grundsätzlich gerade nicht bloß zur Deckung konkret anfallender Aufwendungen verpflichtet, sondern es stehe der generalisiert betrachtete Gesamtbedarf im Mittelpunkt. Bei Berücksichtigung auch eines solchen Falles müsste sich folgerichtig im Grunde jede bedarfsdeckende Leistung eines Dritten, für die das Kind kein marktkonformes Entgelt zahlt, unterhaltsmindernd auswirken. So müsste auch dann zugunsten des Unterhaltspflichtigen von der Deckung des Wohnbedarfs des Kindes ausgegangen werden, wenn der betreuende Elternteil die Unterhaltsleistungen nicht für die anteiligen Mietkosten der gemeinsamen Wohnung, sondern in anderer Weise für das Kind verwendet und die Miete vollständig aus eigenen Einkünften bezahlt. Dass dies nicht gerechtfertigt sein könne, liege auf der Hand (Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht9, 203 f).
Dieser Meinungsstreit bedarf hier keiner abschließenden Erörterung, weil jedenfalls in dem hier vorliegenden Fall, dass die dem Kind nunmehr gehörende Wohnung diesem wirtschaftlich betrachtet von einem Dritten – nämlich der Mutter – ohne Absicht, den Geldunterhaltspflichtigen zu entlasten, zugewendet wurde, unter Zugrundelegung der bisherigen ständigen Rechtsprechung keine Verminderung des Unterhaltsanspruchs anzunehmen ist:
Regelmäßige – auf Freiwilligkeit beruhende – Sach- oder Geldleistungen eines Dritten können nach der Rechtsprechung unter Umständen zum Erlöschen der Unterhaltspflicht führen. Dies setzt aber voraus, dass der Dritte mit seiner Leistung die Absicht verfolgt, ganz oder auch nur teilweise die Unterhaltspflicht des Schuldners zu erfüllen. Das rechtliche Schicksal des Unterhaltsanspruchs des Kindes gegenüber dem unterhaltspflichtigen Elternteil hängt somit entscheidend vom Motiv für eine solche Leistung ab.
Zuwendungen naher Verwandter werden nach der Rechtsprechung im Zweifel in Erfüllung einer (zumindest angenommenen) sittlichen Verpflichtung erbracht und nicht in der Absicht, den Unterhaltspflichtigen zu entlasten. Ist keine Absicht des Dritten nachgewiesen, durch seine Leistung an das unterhaltsberechtigte Kind den Unterhaltspflichtigen zu entlasten, so hat die Leistung nach der Rechtsprechung grundsätzlich keinen Einfluss auf die Unterhaltsverpflichtung. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Zuwendende die Absicht hat, dass das Kind etwas zusätzlich erhält, mit anderen Worten die Zuwendung als „Zubuße“ zu verstehen ist.
Auch der das Kind betreuende Elternteil kann in diesem Sinne dem Kind – außerhalb seiner eigenen Unterhaltspflicht – Leistungen erbringen. Zumal die Mutter des Antragstellers bereits nach § 231 Abs 2 Satz 1 ABGB ihren Unterhalt zur Gänze leistet, ist sie eine Dritte im Sinne der in Punkt I.4.1. zitierten Rechtsprechung. Wegen ihrer Stellung als Verwandte des Antragstellers ist im Sinne der in Punkt I.4.2. zitierten Rechtsprechung bei ihr davon auszugehen, dass sie in Erfüllung einer (zumindest angenommenen) sittlichen Verpflichtung die Wohnung finanzierte und nicht in der Absicht, den geldunterhaltspflichtigen Antragsgegner zu entlasten.
Es macht nun keinen Unterschied, ob ein Dritter, der dem studierenden Kind – wie offenkundig hier die Mutter – etwas zusätzlich zuwenden möchte, ihm eine Wohnung mietet oder – erkennbar zu seiner längerfristigen Absicherung – eine Wohnung kauft. In beiden Fällen dient die Zuwendung der Wohnversorgung des Kindes. In beiden Fällen ist im Zweifel nicht davon auszugehen, dass durch die Zuwendung der geldunterhaltspflichtige Elternteil entlastet werden soll. Auch im vorliegenden Fall besteht kein Grund zur Annahme, dass die Mutter, als sie ihrem Sohn die Wohnung finanzierte, beabsichtigte, hierdurch ihren geschiedenen Ehegatten mittelbar zu begünstigen, zumal nunmehr das Kind ja wohnversorgt sei und einen geringeren Unterhaltsbedarf habe. Vielmehr liegt die Intention der Mutter, ihrem Sohn ohne Schmälerung von dessen Unterhaltsanspruch gegen seinen Vater etwas zusätzlich zuzuwenden, auf der Hand.
Jedenfalls in der hier vorliegenden Konstellation, dass nach einer Scheidung der das Kind betreuende Elternteil diesem den Kauf einer Wohnung finanziert, in der dieses sodann als Student während der Woche wohnt, sieht der Senat daher keine Veranlassung, aufgrund der nunmehr gegebenen Wohnversorgung des Kindes die Unterhaltspflicht des anderen Elternteils zu mindern. Jedenfalls in dieser Konstellation kann nicht unbeachtet bleiben, auf welchem Wege und mit welcher Motivation das Kind zur Eigentumswohnung kam.
Ob in anderen Fällen des Erhalts einer Eigentumswohnung, etwa wenn das Kind eine Wohnung erbt, mit eigenem Geld kauft oder in der Lotterie gewinnt, das Bewohnen dieser Wohnung durch das Kind selbst zu einer Minderung der Geldunterhaltspflicht führt, ist hier nicht zu beurteilen.