Zum Hauptinhalt springen Skip to page footer

Gemeinsame Obsorge und Unterhalt

Oft wird die Frage gestellt, wie die "gesetzliche Unterhaltsregelung" bei gemeinsamer Obsorge ist.
Zur Klarstellung: die Bestimmungen über den Unterhalt des Kindes haben sich in keiner Weise geändert. Theoretisch gilt: der Elternteil, der den Haushalt führt in dem das Kind betreut wird, leistet dadurch seinen gesamten Unterhalt, der andere Elternteil zahlt den gesamten Geldunterhalt. An diesem Grundsatz hat das Kindschaftsrechtsänderungsgesetz 2001 nichts geändert.

Das Fortbestehen des gleichberechtigten Sorgerechtes ist Ausfluss einer Einigung der Eltern. Fast immer umfasst diese Einigung der Eltern auch die Unterhaltsfrage.

Es wird meines Erachtens erst dann Gerichtsentscheidungen geben, wenn bei zunächst bestehender gemeinsamen Sorgerecht ein Partner diese Regelung aufkündigt und der Elternteil, bei dem das Kind den hauptsächlichen Aufenthalt hat, Unterhalt auch für die Vergangenheit - für die Zeit der gleichberechtigten Obsorge verlangt.

Sind die Kinder (exakt) je zur Hälfte bei Vater oder Mutter aufhältig, ist keiner der beiden geldunterhaltspflichtig, sondern erbringt jeder Elternteil seinen Unterhaltsverpflichtung in natura, diese E wurde aber vom OGH aufgehoben. Sorgen die Eltern exakt zeitgleich für die Kinder, so ist eine fehlende Geldunterhaltspflicht nur bei gleichem Einkommen der Eltern gegeben.

Anmerkung: Die Krux liegt in der Judikatur, dass der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem das Kind betreut wird, dadurch seiner Unterhaltspflicht genügt. Damit wird der andere Elternteil (alleine) geldunterhaltspflichtig. Ihm werden bei "überdurchschnittlichem" Besuchsrecht nur jene Aufwendungen unterhaltsmindernd angerechnet, die der obsorgeberechtigte Elternteil sich erspart. So richtig hat die Judikatur das Grundsatzproblem meines Erachtens nicht erkannt, nämlich dass damit eine krasse Ungleichbehandlung der Eltern einhergeht und daher § 140 ABGB dem VfGH vorgelegt werden müsste.
Dies führt (jedenfalls bei aufrechter Obsorge beider Eltern) zur kuriosen Situation, dass selbst bei gleichteiliger Betreuung, eine Geldunterhaltspflicht bestehen kann (bei unterschiedlichem Einkommen). Damit leistet aber dann der andere Elternteil überproportional Unterhalt. Beispiel: Bei einer Betreuung 60:40, hat der 40% Elternteil 100% des Geldunterhaltes zu leisten und 40% der Pflege und Erziehung, somit 70% des gesamten Unterhaltes!


Verschiedene Modelle werden von Eltern vereinbart (nicht vollständig!!):

Kein Geldfluss zwischen den Eltern - jeder kommt für die Bedürfnisse des Kindes auf, wenn es bei ihm ist (meistens Eltern mit annähernd gleicher Zeit mit den Kindern und ungefähr gleichem Einkommen) - Nachteil: wenn dies so vereinbart ist, bekommt wahrscheinlich keiner den Unterhaltsabsetzbetrag.

Gesamtgeldunterhalt des Kindes wird anhand des Einkommens beider Eltern errechnet und von den Eltern im Verhältnis ihres jeweiligen Einkommens und der Zeit, die sie mit dem Kind verbringen getragen.

Beispiel:

Vater Unterhaltsbemessungsgrundlage € 2.200,00; Mutter € 1.400,00; Kind 8 Jahre ist 1/3 der Zeit beim Vater:

Unterhaltspflicht Vater:   2.200,00 mal 18% (Unterhaltsprozentsatz) mal 70% (der Zeit) =  € 277,20
Unterhaltspflicht Mutter: 1.400,00 mal 18% (Unterhaltsprozentsatz) mal 30% (der Zeit) =  €   75,60
Vater zahlt daher an Mutter 277,20 - 75,60 = € 201,60

oder "traditionell" Vater spielt vollen Brennstein und zahlt vollen Unterhalt. Meistens dann vereinbart, wenn Kind im Rahmen eines üblichen Besuchsrechtes sich beim Vater befindet.

Familienbeihilfe:

Die gesetzliche Regelung bevorzugt (derzeit noch) den Elternteil, bei dem das Kind den hauptsächlichen Aufenthalt hat. Eine Teilzeitaufteilung ist im Gesetz nicht vorgesehen.

Unterhalt:

Der Elternteil, der (bei gemeinsamer Obsorge) das Kind überwiegend betreut (hier 70:30) kann nicht zu Geldunterhalt verpflichtet werden, da er nach § 140 ABGB durch Pflege und Erziehung seinen gesamten Unterhalt leistet.

Anmerkung: Damit ergibt sich (derzeit) für die Frage (einstweiliger) Unterhalt bei gemeinsamer Obsorge folgendes Gesamtbild:

a) (exakt) gleichteilige:Geldunterhaltspflicht beider Eltern
b) bei ungleicher Betreuung (gleich in welchem Ausmaß: Geldunterhaltspflichtig nur der minder betreuende Elternteil
c) der überwiegend betreuende Elternteil darf nicht zu Geldunterhalt verpflichtet werden
d) der minder betreuende, abe auch obsorgeberechtigte, Elternteil kann (auch) zu einstweiligem Unterhalt verpflichtet werden.
e) der Unterhalt bemisst sich nach üblichen Kriterien und ist nur um die Ersparnisse des überwiegend betreuenden Elternteiles für die Zeit des Aufenthaltes beim minder betreuenden Elternteil zu verringern;  Reduzierung auf 80%; Reduktion auf 4/7 im Ausmaß der tatsächlichen Betreuung [!] - wird vom OGH ausdrücklich abgelehnt).


Zuletzt bearbeitet am 12.03.2020