Umstandsänderung und Unterhaltsneubemessung
Wurde der Unterhalt, wie hier (ursprünglich) in einem Vergleich festgesetzt, so hat sich die Neubemessung grundsätzlich an der vergleichsweisen Regelung zu orientieren. Die der Unterhaltsvereinbarung zugrundeliegende Relation zwischen Einkommen und Unterhaltsleistung ist dabei grundsätzlich aufrechtzuerhalten. Nur in Fällen, in denen sich nicht bloß die Einkommensverhältnisse, sondern auch weitere für die Unterhaltsbemessung maßgebliche Umstände änderten, ist eine Neubemessung losgelöst von der bestehenden vergleichsweisen Regelung vorzunehmen.
Maßgebend ist, was die Parteien im konkreten Einzelfall mit ihrem Unterhaltsvergleich für die Zukunft regeln wollten. Dafür ist unter Berücksichtigung der allgemeinen Auslegungsgrundsätze eine Vertragsauslegung vorzunehmen. Häufig wird eine ergänzende Vertragsauslegung erforderlich sein, bei der unter Berücksichtigung der Gesamtvereinbarung und des von den Parteien verfolgten Zwecks zu erforschen ist, welche Lösung redliche und vernünftige Parteien getroffen hätten
Beschränkt sich die Änderung der Verhältnisse auf das Einkommen als Unterhaltsbemessungsgrundlage, ist in ergänzender Vertragsauslegung regelmäßig anzunehmen, die Parteien hätten bei Bedachtnahme auf die später geänderten Umstände einen Unterhalt vereinbart, der der sich aus dem Vergleich ergebenden Relation zwischen Einkommen und Unterhalt entspricht. Ändern sich hingegen mehrere Bemessungsparameter (Wegfall oder Hinzutreten von weiteren Unterhaltspflichten beim Unterhaltspflichtigen, Änderung der Bedürfnisse beim Unterhaltsberechtigten), ist – wie oben dargelegt – im Allgemeinen mit einer von den Vergleichsrelationen losgelösten Neubemessung des Unterhalts vorzugehenAuch bei einer Änderung mehrerer Bemessungsparameter kann die (allenfalls ergänzende) Vertragsauslegung aber zu dem Ergebnis führen, dass die im Unterhaltsvergleich festgelegte Relation zwischen den Bemessungsfaktoren, insbesondere zwischen dem Einkommen und der Unterhaltshöhe (die Vergleichsrelation) nicht zu vernachlässigen ist.
Nach der Rechtsprechung findet eine von Vergleichsrelationen losgelöste Neubemessung des Unterhalts nach dem Gesetz auch dann statt, wenn die Unterhaltsvereinbarung nur der Konkretisierung des gesetzlichen Unterhalts diente oder wenn die von den Parteien zugrunde gelegten Bemessungsfaktoren nicht feststellbar sind. Die in einem Vorvergleich enthaltenen Vereinbarungen sind also dann unbeachtlich, wenn die Parteien damit nur den gesetzlichen Anspruch ohne „vorsätzliche“ Vernachlässigung oder Überbewertung einzelner Bemessungsfaktoren bestimmen wollten, wenn sie den vereinbarten Unterhaltsbetrag nicht in eine bestimmte Relation zu einer Bemessungsgröße stellen wollten oder wenn eine solche Relation nicht mehr festgestellt werden kann.
Um diese Rechtsfragen zu lösen, sind entsprechende Feststellungen zu der dem Vergleich (Vortitel) zugrundeliegenden Absicht der Parteien sowie zur Frage, welche Bemessungskriterien die Parteien diesem Vergleich zugrunde gelegt haben, erforderlich.