Aufrechnung gegen Unterhaltsansprüche
Die Aufrechenbarkeit einer Gegenforderung eines Unterhaltspflichtigen gegen eine gesetzliche Unterhaltsforderung ist nur so weit gegeben, als diese Unterhaltsforderung pfändbar ist oder einer der Ausnahmefälle des § 293 Abs 3 EO vorliegt.
Nach der EO-Novelle 1991 sind gesetzliche Unterhaltsleistung beschränkt pfändbare Forderungen nach § 290a Abs 1 Z 10 EO. Demgemäss ist die Aufrechnung gegen eine gesetzliche Unterhaltsforderung nur gegen ihren pfändbaren Teil unbeschränkt zulässig, gegen ihren unpfändbaren Teil dagegen nur dann, wenn eine der Voraussetzungen des § 293 Abs 3 EO erfüllt sein sollte (EF-Slg 119.129).
Die Voraussetzungen wären:
- zur Einbringung eines Vorschusses
- mit einer in einem rechtlichen Zusammenhang stehenden Gegenforderung
- oder wegen einer Schadenersatzforderung aufgrund vorsätzlicher Schadenszufügung
Kein rechtlicher Zusammenhang liegt vor zwischen einem Unterhaltsanspruch und Rückforderungsansprüchen aufgrund überhöhter Unterhaltszahlungen.
Für die Frage der unbeschränkten Aufrechenbarkeit nach § 293 Abs 3 EO ist demnach maßgebend, ob die Unterhaltsforderung, gegen die der Unterhaltspflichtige mit seiner Gegenforderung aufrechnen will, pfändbar ist. Gemäß § 290a Abs 1 Z 10 EO darf eine gesetzliche Unterhaltsforderung nur nach Maßgabe des § 291a EO oder des § 291b EO gepfändet werden. Hiebei kommt es nicht allein auf die Höhe der gesetzlichen Unterhaltsforderung der Unterhaltsberechtigten gegen den Unterhaltsverpflichteten. Nach den in § 292 EO normierten Grundsätzen der Zusammenrechnung mehrerer Einkünfte sind vielmehr auch die sonstigen Einkünfte der Unterhaltsberechtigten berücksichtigen.
Mit künftig fällig werdenden Unterhaltsbeträgen kann aber nicht aufgerechnet werden (§ 1439 ABGB), sondern dann immer nur nach jeweiliger Fälligkeit.
Es ist aber genau zu prüfen, ob überhaupt eine Aufrechnung notwendig ist oder ob die Zahlungen der der Aufrechnung zugrundeliegen nicht ohnehin Unterhaltszahlungen sind siehe z.B. Behandlungsbeiträge (z.B. nach B-KUVG)
Nach ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0033861) kann eine Gegenforderung, die nicht auf den Rechtsweg gehört, nicht im Rechtsweg liquidiert werden. Diese Judikatur wurde zuletzt ausdrücklich für den Fall der Aufrechnung mit noch nicht rechtskräftig zuerkannten Aufteilungsansprüchen nach §§ 81 ff EheG aufrecht erhalten (4 Ob 242/99p = EF 90.235; im gleichen Sinn bereits 7 Ob 2334/96b = EF 81.596 zur Unzulässigkeit der Kompensation mit im Außerstreitverfahren geltend zu machenden Unterhaltsansprüchen). Auch der Umstand, dass damit im Einzelfall (bei einem länger dauernden Aufteilungsverfahren) wirtschaftliche Härten entstehen können, gibt keinen Anlass, von der auch im Schrifttum (etwa Rechberger in Rechberger, ZPO2 §§ 391, 392 Rz 12; Fasching, Zivilprozessrecht2 Rz 1290) geteilten Ansicht der Rechtsprechung abzugehen.
§ 293 Abs 3 EO stellt kein Hindernis dar, dass der Unterhaltsberechtigte im Exekutionsverfahren des betreibenden Unterhaltsschuldners (in casu: wegen einer Prozesskostenforderung) mit einem pfändungsfreien (§290a Abs1 Z10 iVm §§291b, 291c EO) Anspruch auf gesetzliche rückständige Unterhaltsleistungen einseitig aufrechnet.
In einer Oppositionsklage können Gegenforderungen erhoben werden, wenn deren Geltendmachung im Titelverfahren nicht möglich war.
Aufrechnungseinwendungen sind im Oppositionsweg grundsätzlich zulässig; hiebei spielt es keine Rolle, in welchem Verfahren über die Aufrechnungseinwendung entschieden wurde. Dies gilt jedenfalls, wenn die Aufrechnung nach materiellem Recht zulässig ist.
Das Pfandrecht des Rechtsanwaltes schließt die Aufrechnung von Gegenforderungen nicht aus, die schon begründet waren, als die Kostenforderung entstand.
Der Bereicherungsanspruch wegen überhöhter Unterhaltszahlungen steht nach der Rechtsprechung mit dem laufenden Unterhalt in keinem rechtlichen Zusammenhang, sodass eine Aufrechnung gegen den unpfändbaren Teil des laufenden Unterhalts ausscheidet.
Die Aufrechnung einer Ausgleichszahlung mit einer auf den streitigen Rechtsweg gehörenden Forderung (oder umgekehrt) ist unzulässig.
Es besteht keine Möglichkeit der Kompensation von Ansprüchen gegen den erziehungsberechtigten Elternteil mit dem Kindesunterhalt.
Eine Aufrechnung im Falle einer rückwirkenden Unterhaltsherabsetzung mit laufendem Unterhalt ist mangels rechtlichem Zusammenhang unzulässig.
Eine Aufrechnung von exekutiv nach Ende der Unterhaltspflicht noch rechtswidrig hereingebrachtem mit für die Vergangenheit rückwirkend erhöhtem Unterhalt ist zulässig.
§ 293 EO 01.03.1992 bis 30.06.2021
Zwingendes Recht
EO § 293
(1) Die Anwendung der Pfändungsbeschränkungen kann durch ein zwischen dem Verpflichteten und dem Gläubiger getroffenes Übereinkommen weder ausgeschlossen noch beschränkt werden.
(2) Jede diesen Vorschriften widersprechende Verfügung durch Abtretung, Anweisung, Verpfändung oder durch ein anderes Rechtsgeschäft ist ohne rechtliche Wirkung.
(3) Die Aufrechnung gegen den der Exekution entzogenen Teil der Forderung ist, abgesehen von den Fällen, wo nach bereits bestehenden Vorschriften Abzüge ohne Beschränkung auf den der Exekution unterliegenden Teil gestattet sind, nur zulässig zur Einbringung eines Vorschusses, einer im rechtlichen Zusammenhange stehenden Gegenforderung oder einer Schadenersatzforderung, wenn der Schade vorsätzlich zugefügt wurde.
(4) Ein Übereinkommen, wodurch eine Forderung bei ihrer Begründung oder später die Eigenschaft einer Forderung anderer Art beigelegt wird, um sie ganz oder teilweise der Exekution oder der Veranschlagung bei Berechnung des der Exekution unterliegenden Teiles von Gesamtbezügen zu entziehen, ist ohne rechtliche Wirkung.