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Verjährungsgegeneinwand der Arglist des Unterhaltspflichtigen

Die Verjährung beginnt zu dem Zeitpunkt zu laufen, in welchem das Recht „zuerst hätte ausgeübt werden können“, seiner Geltendmachung also kein rechtliches Hindernis mehr entgegensteht). Es kommt dabei – auch für die Verjährung regelmäßig wiederkehrender Leistungen nach § 1480 ABGB  – auf die objektive Möglichkeit zur Geltendmachung des Anspruchs an. Unkenntnis des Anspruchs hindert – abgesehen von dem in § 1489 ABGB geregelten Fall sowie aufgrund sondergesetzlicher Verjährungsbestimmungen – den Beginn der Verjährung nicht. Dass die hier anzuwendende dreijährige Verjährungsfrist des § 1480 ABGB hinsichtlich der begehrten Unterhaltserhöhung für den Zeitraum Februar 2005 bis einschließlich Jänner 2014 grundsätzlich – also ohne Berücksichtigung des Verhaltens des Vaters – abgelaufen wäre, bestreitet der Minderjährige nicht. Er stützt sich aber darauf, vom Vater arglistig von der rechtzeitigen (vollständigen) Geltendmachung seiner Ansprüche abgehalten worden zu sein.
Die im Regelfall irrelevante Unkenntnis des Anspruchsinhabers hindert den Beginn der Verjährungsfrist dann, wenn sie auf ein arglistiges Verhalten des Anspruchsgegners zurückzuführen ist. Die ältere Rechtsprechung nahm in diesem Fall eine Ablaufhemmung der Verjährungsfrist an. Dies wurde damit begründet, dass im arglistigen Verhalten des Schuldners ein eigener, im Schadenersatzrecht begründeter Verpflichtungsgrund liege. Jüngere Entscheidungen behandeln die arglistige Verhinderung der Kenntnisnahme des Berechtigten von seinem Anspruch unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes der Verjährungseinrede gegen Treu und Glauben.
Gewisse Leistungen aus einer privaten Unfallversicherung sind in die Unterhaltsbemessungsgrundlage miteinzubeziehen. Nach der Rechtsprechung gilt dies etwa für eine nicht dem Ausgleich eines konkreten Mehraufwands, sondern eines typischen Einkommensausfalls dienende Invaliditätsentschädigung zum Ehegattenunterhalt; Gleiches muss für den Kindesunterhalt gelten; bzw ganz allgemein für jede an die Stelle eines Arbeitseinkommens tretende Versicherungsleistung wegen Erwerbsunfähigkeit oder geminderter Erwerbsfähigkeit. Wären solche für die Bemessung der Unterhaltserhöhung relevanten Versicherungsleistungen vom Vater arglistig verheimlicht worden, könnte sich dieser im Sinne der dargestellten Rechtsprechung nicht auf eine Verjährung des Unterhaltsanspruchs berufen.
Aus dem Akteninhalt lässt sich dazu zwar – wovon auch das Rekursgericht ausging – entnehmen, dass der Vater die ihm zugeflossenen Versicherungsleistungen im Verfahren jahrelang unerwähnt ließ und in seinen Schriftsätzen und (protokollarischen) Stellungnahmen den Eindruck äußerst bescheidener Vermögens- und Einkommensverhältnisse erweckte. Konkrete Feststellungen, die eine Beurteilung der behaupteten arglistigen Verhinderung der Kenntnisnahme des Minderjährigen bzw seiner Mutter von diesen Versicherungsleistungen ermöglichen würden, wurden jedoch nicht getroffen. Die Entscheidung des Erstgerichts erweist sich daher als ergänzungsbedürftig.
Der Argumentation des Rekursgerichts, die Bejahung der Sittenwidrigkeit des Verjährungseinwands („Replik der Arglist“) würde dazu führen, dass in beinahe sämtlichen Fällen unrichtiger oder unvollständiger Angaben des Unterhaltsschuldners zur Unterhaltsbemessungsgrundlage eine unbefristete Unterhaltserhöhung begehrt werden könne, vermag sich der Oberste Gerichtshof bereits deshalb nicht anzuschließen, weil dem Verjährungseinwand hier ein arglistiges Verhalten des Unterhaltsschuldners – und nicht bloß sonst unrichtige oder unvollständige Auskünfte – entgegengehalten wurde. Dass die Mutter des Minderjährigen aufgrund ihrer „offensichtlichen Kenntnis“ (welche allerdings nicht festgestellt wurde) von der Familien-Unfallversicherung damit rechnen musste, dass der Vater aufgrund seines Unfalls Leistungen aus dieser bezog, schließt die Arglisteinrede nicht aus, wenn – was dem Antragsvorbringen zumindest implizit entnommen werden kann – eine reale Kenntnisnahme gerade wegen der arglistigen Verheimlichung dieser Leistungen unterblieb. Die im angefochtenen Beschluss zitierte Entscheidung, aus der das Rekursgericht die mangelnde Berechtigung der „Replik der Arglist“ bei möglicher Kenntnisnahme der Unterhaltsbemessungsgrundlage ableitete, kann auf den vorliegenden Fall nicht angewandt werden, weil dem Verjährungseinwand dort gerade keine Arglist des Unterhaltsschuldners entgegengehalten wurde.