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Vertretungsbefugnis

Wenn beide Eltern (noch obsorgeberechtigt) im Unterhaltsfestsetzungsverfahren für das Kind einschreiten, ist durch das Gericht für eine ordnungsgemäße Vertretung zu sorgen. Die §§ 154 und 154 a ABGB regeln nur das Recht zur Vertretung der Kinder durch ihre Eltern nach außen, also Behörden und dritten Personen gegenüber, nicht aber im Innenverhältnis zwischen den Eltern. Bei gemeinsamem Haushalt der Eltern und gemeinsamer Pflege der Kinder kann daher kein Elternteil seine Kinder im Unterhaltsbemessungsverfahren gegen den anderen Elternteil vertreten; in einem solchen Fall bedarf es vielmehr der Übertragung der mit der vollen Betreuung der Kinder zusammenhängenden Rechte und Pflichten gemäß § 176 Abs 1 ABGB auf den antragstellenden Elternteil. Ohne eine solche Anordnung des Gerichtes kommt die alleinige Wahrnehmung der Rechte des Kindes in Unterhaltsbelangen durch einen Elternteil nur in Betracht, wenn die Eltern nicht nur vorübergehend (vgl. § 177 ABGB) getrennt leben und somit feststeht, welcher Elternteil die Kinder pflegt und erzieht und daher vom andern (namens des Kindes) Unterhalt in Geld begehren kann und welcher zur Geldalimentierung verhalten ist, oder wenn dies nach der Gestaltung der Lebensverhältnisse der Eltern eindeutig ist. Keinesfalls kann ein Elternteil die Vertretung des Kindes in Unterhaltsbelangen gegenüber dem andern nur durch Setzung der ersten Verfahrenshandlung in Anspruch nehmen; das ergibt sich schon daraus, daß dann jener Elternteil, der an sich zu Recht vom anderen zusätzlich Leistungen verlangen könnte, dem aber der andere bei der Antragstellung zuvorgekommen ist, überhaupt nicht für die Kinder handeln und die ihnen zustehenden Leistungen vom andern Elternteil begehren könnte. Ungeachtet ausstehender Sorgerechtsentscheidungen ist jener Elternteil, bei dem das minderjährige eheliche Kind mit Zustimmung des andern Elternteils lebt, zur Antragstellung im Unterhaltsverfahren zumindest vorläufig legitimiert. Im Unterhaltsantrag kann ein Antrag um Bestellung zum besonderen Sachwalter enthalten sein, dem das Gericht konkludent in seiner Unterhaltsentscheidung stattgeben kann.

Im vorliegenden Fall schreiten beide Elternteile gegeneinander namens ihres Kindes ein und begehren, jeweils den anderen Teil zum Unterhalt zu verpflichten, wenngleich dies etwa im Unterhaltsantrag des Vaters nicht besonders zum Ausdruck kommt (er wurde nicht in Vertretung der Minderjährigen, sondern im eigenen Namen gestellt). Wenngleich also, wie oben dargestellt, ein Elternteil das Kind im Unterhaltsverfahren vorläufig gegen den andern Elternteil vertreten kann, tritt eine Kollision auf, sobald der andere Elternteil seinerseits einen Unterhaltsantrag namens des Kindes stellt: In einem solchen Fall treten damit zwangsläufig beide Elternteile in einer Doppelfunktion auf, nämlich einmal als Unterhaltsschuldner im eigenen Namen und zum andern im Namen des Kindes (Unterhaltsgläubigers) als dessen gesetzlicher Vertreter. In einem solchen Fall führt am § 271 ABGB kein Weg vorbei.

Anmerkung: Die "Idee" der schlüssigen Bestellung als Kollisionskurator eines Elternteils durch meritorische Entscheidung durch das Gericht ist zwar  ständige Rechtsprechung aber schlichtweg abzulehnen. Wie will man ernsthaft entscheiden, ob und was das Gericht schlüssig entschieden hat, welche Begründung es schlüssig angestellt hat etc. Wie unterscheidet man "Problem durch das Gericht gar nicht erkannt", von der schlüssigen Bestellung? Der nächste unbrauchbare Schritt wäre dann die schlüssige Anfechtung der schlüssigen Entscheidung.

Wenn der JWT als gesetzlichen Vertreter zufolge Gewährung von Unterhaltsvorschuss einschreitet, sind Eltern überhaupt nicht mehr in Unterhaltssachen vertretungsbefugt.

Ein Kollisionsfall im Sinn des § 271 ABGB setzt weiterhin voraus, dass eine konkrete Gefährdung der Interessen des Minderjährigen vorliegt. Maßgeblich dafür ist nach der Judikatur, dass aufgrund eines objektiven Sachverhalts eine gesetzmäßige Vertretung des Minderjährigen wegen eines zu befürchtenden Widerstreits an Interessen nicht zu erwarten ist.
Gemäß § 271 Abs 2 ABGB idF KindRÄG 2001 bedarf es der Bestellung eines Kurators nicht, wenn eine Gefährdung der Interessen des minderjährigen Kindes oder der sonst nicht handlungsfähigen Person nicht zu besorgen ist und deren Interessen vom Gericht ausreichend wahrgenommen werden können. Dies gilt im Allgemeinen in Verfahren zur Durchsetzung der Rechte des Kindes nach den §§ 140 und 148 ABGB.

Hier wurde der Unterhaltsantrag erst rund zwei Jahre nach der behaupteten Unterhaltsverletzung im Rahmen umfassender und jahrelanger Streitigkeiten über die eigene Unterhaltsverpflichtung des Vaters mit der Behauptung gestellt, die Mutter habe im fraglichen Zeitraum keinen Naturalunterhalt geleistet, sondern dieser sei zur Gänze vom Vater getragen worden. Die Bestellung des Vaters zum „besonderen Sachwalter" zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche kam nach dem oben Gesagten nicht in Frage. Eine Gefährdung der Interessen des Minderjährigen, die die Bestellung eines Kollisionskurators gemäß § 271 ABGB notwendig machen würde, ist unter den konkreten Umständen nicht zu besorgen, weil auch nach dem Vorbringen des Vaters der (Natural-)Unterhalt des Minderjährigen ohnehin zur Gänze - wenn auch vom Vater - befriedigt wurde.

Vertretungsbefugnis bei Obsorge beider Eltern:

Grundsätzlich kann auch bei Obsorge beider Eltern der Elternteil mit dem hauptsächlichen Aufenthalts des Kindes gegen den anderen Elternteil vertreten, soferne und solange nicht eine materielle Interessenskollision auftritt (zB wenn die in die Unterhaltsvereinbarung involvierte Mutter nicht mehr in der Lage wäre, ihre dieser Vereinbarung entspringenden eigenen Unterhaltspflichten zu erfüllen).

Der Antrag des nicht allein obsorgeberechtigten, das Kind in seinem Haushalt betreuenden Elternteils eine durch den anderen Elternteil zu erbringende Geldunterhaltsleistung für das Kind festzusetzen, das Begehren auf Bestellung zum „besonderen Sachwalter" umfasst, und dass einem solchen Antrag durch eine in der Sache gefällte Unterhaltsentscheidung konkludent stattgegeben werden kann.

Bei gemeinsamer Obsorge und getrennten Lebensbereichen ist jener Elternteil in Unterhaltsangelegenheiten vertretungsbefugt, bei dem sich das Kind hauptsächlich aufhält.