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Vorrang Kindesunterhalt vor Unterhalt für Eltern

Wie ein allfälliger Anspruch der im Irak lebenden Mutter des Unterhaltspflichtigen auf persönliche Betreuung zu behandeln ist, unterliegt als Frage der Bemessung des Kindesunterhalts österreichischem Recht. Konkurrierende Unterhaltspflichten liegen nicht vor. Das irakische Recht kennt zwar einen Unterhaltsanspruch bedürftiger Eltern, trifft aber keine Aussage in diesen Rang gegenüber Unterhaltspflichten für Kinder und regelt auch keinen Betreuungsanspruch der Eltern.

Nach ständiger Rechtsprechung hat der Unterhaltspflichtige im Interesse seiner Kinder alle persönlichen Fähigkeiten, insbesondere seine Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen. Tut er dies nicht, wird er so behandelt, als bezöge er Einkünfte, die er bei zumutbarer Erwerbstätigkeit hätte erzielen können..

Kinder sind gemäß § 137 Abs 2 iVm § 143 ABGB auch gegenüber ihren Eltern und Großeltern unterhaltspflichtig. Diese Pflicht stellt den Ausnahmefall dar und ist subsidiär. Es sind zwar Umstände denkbar, die den Unterhaltspflichtigen wegen des dringenden Erfordernisses persönlicher Hilfeleistungen für einen in eine Notsituation geratenen Vorfahren in die Lage versetzen, seine berufliche Arbeitsbelastung zum Nachteil unterhaltsberechtigter Kinder vorübergehend reduzieren zu müssen, etwa bis zur Sicherstellung ausreichender Fremdbetreuung. Aus § 137 Abs 2 ABGB ergibt sich jedoch keine allumfassende Pflicht zur Betreuung des pflegebedürftigen Elternteils, um ihm die Fremdpflege oder den Aufenthalt in einem Pflegeheim zu ersparen.

Schon in seiner Entscheidung 4 Ob 513/96 - sie betraf eine dem vorliegenden Fall vergleichbare Konstellation - hatte der Oberste Gerichtshof eine Mutter, die ihren Arbeitsplatz in Österreich zum Zweck der Erbringung dauerhafter Betreuungsleistungen für ihre in der Türkei lebende Mutter aufgegeben hatte, auf das erzielbare Einkommen angespannt. Die Entscheidung 2 Ob 79/05i bekräftigte diesen Grundsatz.

Die Entscheidung des Rekursgerichts auf Anspannung des Vaters auf das zuvor erzielte Einkommen steht mit dieser Rechtsprechung im Einklang. Seine Auffassung, der Unterhaltspflichtige könne seiner Beistandspflicht auch anderweitig nachkommen, indem er etwa die Betreuung der Mutter im Rahmen eines längeren Urlaubsaufenthalts im Irak organisiere ohne sein Einkommen auf derart drastische Weise zu reduzieren, ist jedenfalls vertretbar.