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Überdurchschnittliche Betreuung und Unterhaltsminderung

Übernimmt ein Elternteil die Betreuung in einem Ausmaß, das über den Rahmen des üblichen persönlichen Kontakts des Elternteils hinausgeht, bei dem sich das Kind nicht hauptsächlich aufhält, ist der zu leistende Geldunterhalt zu reduzieren, wenn der Geldunterhaltspflichtige – über ein übliches Kontaktrecht hinaus – Naturalunterhalt leistet. Unter Heranziehung des bei Unterhaltsentscheidungen grundsätzlich anzuwendenden Ermessens erfolgt die Berücksichtigung übermäßiger Betreuungsleistungen durch den  geldunterhaltspflichtigen Elternteil allgemein in Form von prozentmäßigen Abschlägen.

Teilen die Eltern die Betreuung in einem Ausmaß, das ganz klar über den Rahmen der üblichen Kontakte des geldunterhaltspflichtigen Teils hinausgeht und leistet dieser während der verlängerten Kontakte Naturalunterhalt, ist nach der jüngeren ständigen Rechtsprechung der Geldunterhalt zu reduzieren.

Betreut und versorgt der geldunterhaltspflichtige Elternteil das Kind im Rahmen des üblichen Kontaktrechts in seinem Haushalt, hat dies keine Auswirkung auf seine Unterhaltspflicht. Aufwendungen während der Ausübung eines üblichen Kontaktrechts schmälern den Geldunterhalt grundsätzlich nicht.

Die Rechtsprechung reduziert häufig den Unterhaltsanspruch altersunabhängig um 10 % pro wöchentlichen Betreuungstag, an dem sich das Kind über das übliche Ausmaß des  Kontaktrechts hinaus beim geldunterhaltspflichtigen Elternteil befindet. Als üblich und damit unterhaltsneutral wird dabei ein Kontaktrechtstag pro Woche angesehen.

Für jeden weiteren Tag wird eine Minderung von 10 % des Geldunterhalts als angemessen erachtet.

139 Betreuungstage rechtfertigt einen Abzug von 10%.

101 Nächte im Rahmen des Kontaktrechts rechtfertigen einen Abzug von 10%.

223:142 Tage (61,1%:38,9%) rechtfertigen nur einen prozentuellen Abschlag.

64% : 36% rechtfertigen nur einen prozentuellen Abschlag.

Je mehr sich die Situation einer gemeinsamen gleichwertigen Betreuung des Kindes durch beide Elternteile annähert, umso weniger wird ein 10%iger Abzug pro zusätzlichem Besuchstag den wechselseitigen Leistungen entsprechen. Demgemäß hielt der 5. Senat zu 5 Ob 2/12y (iFamZ 2012/206 [krit Beclin: zu hoher Abzug] = EF Z 2012/163 [krit Gitschthaler – kein Geldunterhaltsanspruch des Kindes] bei einer Betreuung des Vaters im Verhältnis 40 : 60 sogar eine Reduktion der Geldunterhaltspflicht um ca 40 % geboten, während der 7. Senat eine Reduktion der Geldunterhaltspflicht des Vaters um 20 % billigte, weil das Kind in etwa einem Drittel der Zeit vom Vater betreut wurde.

Üblicher Umfang des Kontaktrechts:

Betreut und versorgt der geldunterhaltspflichtige Elternteil das Kind im Rahmen des üblichen Kontaktrechts in seinem Haushalt, hat dies keine Auswirkungen auf seine Unterhaltspflicht. Üblich ist nach ständiger Rechtsprechung ein Kontaktrecht von zwei Tagen alle zwei Wochen sowie von vier Wochen in den Ferien, also etwa an 80 Tagen im Jahr. Starre Grenzen sind nicht zu ziehen.

Betreuung während normaler (üblicher) Kontaktzeiten ist unterhaltsneutral und daher als Naturalleistungen unbeachtlich.

Ermittlung des Umfangs des Kontaktrechts:

Es finden bei der Errechnung der Anzahl der Kontakttage einzelne Stunden eines Aufenthalts beim anderen Elternteil grundsätzlich keine Berücksichtigung; Wochenenendaufenthalt von Freitag bis Sonntag schlägt sich daher nur in zwei Tagen nieder; reduziert sich ein neben dem üblichen 14-tägiges Wochenendbesuchsrecht eingeräumter weiterer "Besuchstag" in Wahrheit auf ein bloßes Übernachtungsbesuchsrecht unter der Woche (bis zum Schulbeginn am nächsten Morgen - keine nennenswerte Ersparnis des anderen Elternteils.

Starre Grenzen sind dabei allerdings nicht zu ziehen.. Ein zusätzlicher halber Tag pro Woche ist vernachlässigbar.

Es ist grundsätzlich auf ganze Tage abzustellen, nicht aber auf einzelne Stunden oder bloße Übernachtungsbesuchsrechte; diese führen nicht zu einer Reduzierung der Unterhaltsverpflichtung.

Demnach finden bei der Anrechnung der Anzahl der Kontakttage einzelne Stunden eines Aufenthalts beim anderen Elternteil grundsätzlich keine Berücksichtigung. Ein Wochenendaufenthalt von Freitag nach der Schule bis Sonntag schlägt sich daher nur in zwei Tagen nieder.

Aufenthalt von Mittwoch nach Schulschluss bis Donnerstag 18 Uhr gilt als ein Tag.

Aufenthalt von Donnerstag nach der Schule bis Sonntags abend gilt als drei Tage.

Aufenthalt von Freitag nach der Schule bis Montag zur Schule gilt als 2,5 Tage. Eine penible Abrechnung nach Stunden ist zu vermeiden (EF-Slg 156.709).

Behauptungs- und Beweislast:

Der Unhpfl trägt die Behauptungs- und Beweislast welche Aufwendungen für Taschengeld oder sonstige (außer-) schulische Aktivitäten sich die Mutter in jener Zeit, in der sich das Kind über das übliche Kontaktausmaß hinaus beim Vater aufhielt, erspart hat.

Anmerkung: Die Gerichte weigern sich stundenweise Berechnungen vorzunehmen und runden gerne. Man muss aber aufpassen, dass hier nicht seltsame Dinge passieren. Ein Rekursgericht hat einmal für Freitag nachmittag 6 Stunden beim Vater weggerechnet, aber letztlich der Mutter zugeschlagen!


Zuletzt bearbeitet am 11.03.2020