Betreuungsrechtliches Unterhaltsmodell - Besserverdiener erhält die FBH
Nach Schwimann/Kolmasch (Unterhaltsrecht9 123) müsste die Berücksichtigung der Familienbeihilfe „in umgekehrter Weise“ erfolgen, wenn sie der Besserverdiener erhalte. Insoweit damit gemeint ist, dass es für den Unterhaltsanspruch des Kindes keinen Unterschied machen darf, welcher Elternteil die Familienbeihilfe erhält, schließt sich der Senat dieser Aussage an. Der oft von Zufälligkeiten geprägte Umstand, wer die Familienbeihilfe bezieht, soll das Ergebnis ihrer Berücksichtigung beim betreuungsrechtlichen Unterhaltsmodell nicht beeinflussen.
Das Ergebnis des Rekursgerichts zeigt aber, dass es bei dessen Methode zur Berücksichtigung der Familienbeihilfe entscheidend darauf ankommt, an welchen der beiden Elternteile die Transferleistung ausbezahlt wird.
Würde im Anlassfall die schlechterverdienende Mutter die Familienbeihilfe beziehen, käme man in Anschluss an die (auch vom Rekursgericht geteilte) Entscheidung 1 Ob 158/15i zB bei den beiden älteren Kindern zu folgendem Unterhaltsanspruch: 468 EUR minus 169 EUR (Anteil Familienbeihilfe Vater) minus 77 EUR (Unterhaltsanspruch gegenüber der Mutter) = 222 EUR, halbiert somit 111 EUR (Variante 1). In dieser Variante wäre der Vater wirtschaftlich stärker belastet als nach dem angefochtenen Ergebnis. Nach dem Ergebnis des Rekursgerichts (Variante 2) ist der Vater schuldig, den älteren Kindern jeweils 210 EUR zu zahlen. Dabei ist aber noch zu berücksichtigen, dass der Vater die Familienbeihilfe im Ausmaß von 197 EUR erhält, sodass er insgesamt nur mit der Auszahlung eines saldierten Geldbetrags von jeweils 13 EUR belastet und damit gegenüber der Variante 1 (111 EUR) wesentlich besser gestellt wäre.
Hingegen führt die vom Erstgericht gewählte Methode auch im Fall des Bezugs der Transferleistungen durch den Besserverdiener zu keiner anderen Belastung und entspricht den in der Entscheidung 1 Ob 158/15i entwickelten Vorgaben.
Der Umstand, dass die in der Entscheidung 1 Ob 158/15i vorgenommene Rechnung bereits nach der Halbierung der Differenz der fiktiven Unterhaltsbeiträge beider Eltern „endet“, liegt darin begründet, dass der dort zum „Ausgleichsbetrag“ verpflichtete Vater keine Familienbeihilfe bezog. Die vom Erstgericht gewählte Methode, nach der am Ende der Rechnung die vom Vater bezogene Familienbeihilfe unterhaltserhöhend hinzuzurechnen ist, nimmt auf die Unterschiede im konkreten Fall Rücksicht.
Die vom 1. Senat skizzierte Rechenformel ist daher auch für den vorliegenden Fall mit den vom Erstgericht gewählten Anpassungen anzuwenden. In zwei Bereichen ist die Berechnungsmethode des 1. Senats allerdings modifizierend weiterzuentwickeln:
Es ist nicht nur die reine Familienbeihilfe, sondern auch der Kinderabsetzbetrag zu berücksichtigen. Dieser wird mit der Familienbeihilfe zusammen ausbezahlt, eine unterschiedliche Behandlung dieser Transferleistung kann nicht begründet werden (zutreffend Neuhauser, iFamZ 2015/201 [Entscheidungsanmerkung]; Gitschthaler, Das betreuungsrechtliche Unterhaltsmodell bei Einkommens-differenzen, EF-Z 2016/3).
Die Nichtberücksichtigung des Unterhalts-absetzbetrags durch das Rekursgericht wird im Rechtsmittel nicht aufgegriffen. Auf diesen Umstand kommt es im Anlassfall auch nicht an (vgl unten).
Weiters ist vor der Differenzrechnung der Unterhaltsbeträge nicht nur der fiktive Unterhaltsbetrag des Vaters, sondern auch jener der Mutter um den jeweiligen Anteil an der Familienbeihilfe zu reduzieren (zutreffend Neuhauser, iFamZ 2015/201 [Entscheidungsanmerkung], auf dessen Überlegungen die in 1 Ob 158/15i entwickelte Methode beruht). Die Familienbeihilfe soll als Betreuungshilfe im Ergebnis beide Elternteile entlasten, weshalb es sich schwer begründen lässt, dass bei der Berechnung der fiktiven Unterhaltsbeträge beider Eltern ausschließlich der dem Besserverdiener zugeordnete Anteil berücksichtigt werden soll (idS auch Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht9 124).