Überdurchschnittlicher Betreuungsbedarf
Bei den Kosten der Betreuung durch Dritte unterscheidet die Rechtsprechung grundsätzlich danach, ob diese allein oder überwiegend der Entlastung des betreuenden Haushaltsführers dient, oder ob sie allein oder überwiegend im Kindesinteresse liegt. Der Elternteil, in dessen Haushalt der Unterhaltsberechtigte lebt, erbringt gemäß § 231 Abs 2 Satz 1 ABGB seinen Beitrag zum Unterhalt durch die Betreuungsleistung. Daher hat er die Kosten, die durch die teilweise Übertragung dieser Betreuung an Dritte auflaufen, regelmäßig dann zu tragen, wenn die Übertragung der Betreuung nur in seinem Interesse gelegen ist. Dies kann etwa bei Inanspruchnahme einer Tagesmutter, Krabbelstube oder eines Kindergartens der Fall sein (OGH 2012/08/07, 2 Ob 106/12w; 1990/04/03, 4 Ob 532/90). Hingegen liegt eine außerhäusliche Betreuung – nichts anderes kann für die Heranziehung dritter Pflegekräfte gelten – allein oder überwiegend im Kindesinteresse, wenn sie durch berücksichtigungswürdige Gründe in der Person des Kindes notwendig gemacht wird, wie dies etwa bei besonderer Pflegebedürftigkeit behinderter oder kranker Kinder der Fall ist. Für derartige Fälle hat grundsätzlich der nicht betreuende Elternteil die Kosten zu tragen, oder es ist ein billiger Ausgleich der Geldkosten zwischen den Eltern geboten zu den Kosten der Betreuung eines behinderten Kindes durch eine Tagesmutter; zu den ungedeckten Kosten der Betreuung eines im Haushalt der Mutter lebenden behinderten Kindes durch Drittpersonen).
Bei der gebotenen Abwägungsentscheidung ist zu beachten, dass die Grundregel des § 231 ABGB, die einen anteilsmäßigen Beitrag beider Elternteile vorsieht, den Elternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt, nicht dazu verpflichtet, im Fall eines überdurchschnittlichen Betreuungsbedarfs in einem derart hohen Ausmaß Betreuungsleistungen zu erbringen, dass für den geldunterhaltspflichtigen anderen Elternteil aus dem Betreuungsmehrbedarf gar keine oder nur geringe finanzielle Aufwendungen erwachsen. Auch die aus dem Eltern-Kind-Verhältnis entspringende, gleichermaßen gegenüber volljährigen Kindern geltende Beistandspflicht gemäß § 137 Abs 2 ABGB ist einerseits durch die Zumutbarkeit für den Einzelnen und andererseits durch die gesellschaftliche Üblichkeit der Leistung begrenzt. Eine generelle Verpflichtung des haushaltsführenden Elternteils zur Erbringung weit überdurchschnittlicher Betreuungsleistungen zwecks Entlastung des geldunterhaltspflichtigen Elternteils kann daher nicht angenommen werden. Entgegen der Rechtsansicht des Rekursgerichts kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass die Kosten für die Tag- und Nachtbetreuung jedenfalls von der Mutter zu tragen sind.
Der Antragsteller hat detailliertes Vorbringen zum behinderungsbedingten Betreuungsaufwand und der damit verbundenen Kostenbelastung erstattet. Dazu haben die Vorinstanzen jedoch bisher keine Feststellungen getroffen. Im fortgesetzten Verfahren werden daher dazu nähere Feststellungen zu treffen sein; erst danach kann beurteilt werden, inwieweit dem Antragsteller überhaupt anrechenbares Eigeneinkommen verbleibt, das geeignet ist, die Geldunterhaltspflicht des Antragsgegners zu mindern. Nur wenn derartiges restliches Eigeneinkommen verbleibt, wäre dieses nach dem Gesagten zur Hälfte von der Geldunterhaltspflicht abzuziehen. Nicht zu beanstanden ist hingegen wegen der vorliegenden überdurchschnittlichen Verhältnisse die Anrechnung der Kosten für die Zusatzversicherung auf die Geldunterhaltspflicht.
§ 231 ABGB ab 01.02.2013
Fünftes Hauptstück
Kindesunterhalt
§ 231 (1) Die Eltern haben zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften anteilig beizutragen.
(2) Der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut, leistet dadurch seinen Beitrag. Darüber hinaus hat er zum Unterhalt des Kindes beizutragen, soweit der andere Elternteil zur vollen Deckung der Bedürfnisse des Kindes nicht imstande ist oder mehr leisten müsste, als es seinen eigenen Lebensverhältnissen angemessen wäre.
(3) Der Anspruch auf Unterhalt mindert sich insoweit, als das Kind eigene Einkünfte hat oder unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse selbsterhaltungsfähig ist.
(4) Vereinbarungen, wonach sich ein Elternteil dem anderen gegenüber verpflichtet, für den Unterhalt des Kindes allein oder überwiegend aufzukommen und den anderen für den Fall der Inanspruchnahme mit der Unterhaltspflicht schad- und klaglos zu halten, sind unwirksam, sofern sie nicht im Rahmen einer umfassenden Regelung der Folgen einer Scheidung vor Gericht geschlossen werden.