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Vergleich - Rechtskraftwirkung

Aufgrund einer Gesetzesänderung haben Vergleiche betreffend Unterhalt minderjähriger Kinder für den Unterhaltsverpflichteten jeden Sinn verloren.

Vereinbarungen über die Obsorge, die persönlichen Kontakte und den Unterhalt
ABGB § 190 (3) Vor Gericht geschlossene Vereinbarungen über die Höhe gesetzlicher Unterhaltsleistungen bedürfen zur ihrer Rechtswirksamkeit keiner gerichtlichen Genehmigung und sind für den Unterhaltsverpflichteten verbindlich.

Übersetzt heißt das, das der Unterhaltspflichtige gebunden ist, das Kind aber in keiner Weise.

Anmerkung: Die Judikatur zu Vergleichen ist bei Anträgen von Kindern damit nur noch rechtshistorisch von Interesse. Bei Anträgen von Unterhaltspflichtigen ist die Judikatur nach wie vor relevant.

Auch im außerstreitigen Verfahren ergangene Unterhaltsfestsetzungen unterliegen der materiellen Rechtskraft, sie können nur bei geänderten Verhältnissen abgeändert werden. Die materielle Rechtskraft der Entscheidung setzt aber voraus, dass dem Gericht alle für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Umstände bekannt sein müssen, im Fall der Genehmigung eines Unterhaltsvergleichs (oder bei der gleichzuhaltenden Unterhaltsfestsetzung, die den Vergleich als tragende Begründung heranzieht) also auch der Umstand, dass eine für die Bejahung einer anfechtungsfesten Willenseinigung erforderliche Kenntnis der vertragschließenden Parteien über die Vergleichsgrundlage vorlag. Der Irrtum einer Partei und der darauf beruhende Willensmangel kann daher im Sinne der weiten Auslegung der Umstandsklausel gegen die materielle Rechtskraft ins Treffen geführt und zum Gegenstand eines Unterhaltserhöhungsantrages (auch für die Vergangenheit) gemacht werden.

Eine Anfechtung des Vergleichs wegen Irrtums im streitigen Verfahren ist einem solchen Fall nicht erforderlich.

Allerdings müssen die Voraussetzungen für eine Neubemessung wegen Irrtums konkret behauptet und nachgewiesen werden.

Praxistipp: Des öfteren taucht diese Frage auf, wenn die UBGR im Vergleich nicht genannt ist (weil sie dem Elternteil der das Kinder vertrat, unbekannt war) oder eine unrichtige UBGR genannt ist.  Zum zweiten erstreckt sich eine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung immer nur auf die bekannten Tatsachen und nicht auf unbekannte oder falsche (zB höheres Einkommen).

Gingen die Parteien irrtümlich von falschen Bemessungsvoraussetzungen aus, so steht die Vereinbarung einer Neufestsetzung des Unterhalts nicht entgegen.

Ein Irrtum über wesentliche Umstände ist geänderten tatsächlichen Verhältnissen gleichzuhalten.

ZB unwahre Angaben des Unterhaltspflichtigen über sein Einkommen.

zB wenn der Unterhaltspflichtige Wesentliches verschwiegen hatte.

Praxistipp: Gelegentlich werden falsche UBGR in Ehescheidungsvergleichen genannt um keine Probleme mit der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung zu erhalten. Allerdings ist das "Harakiri" des Unterhaltspflichtigen, der einer Nachforderung hilflos ausgesetzt bleibt. Wenn im Rahmen möglich, ist es besser mit Entlastungsvertrag zwischen den Eltern zu arbeiten.

Bindungswirkung nur für verglichene Zeiträume:

Die Bindungswirkung erstreckt sich immer nur auf verglichene Zeiträume. Ein Vergleich steht daher einem Erhöhungsantrag für Zeiträume vor dem Vergleich, die vom Vergleich nicht erfasst sind daher grundsätzlich nicht entgegen.

Verzicht auf Umstandsklausel:

Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Verzicht auf die Umstandsklausel grundsätzlich zulässig und wirksam. Das Beharren auf diesem Verzicht kann aber sittenwidrig sein, wenn durch das Beharren auf der Leistung dem Verpflichteten die Existenzgrundlage entzogen würde. Um zu verhindern, dass der an sich zulässige Ausschluss der Umstandsklausel im Nachhinein ohne zwingenden Grund aufgehoben wird, legt die Rechtsprechung bei Beurteilung einer allfälligen Sittenwidrigkeit einen strengen Maßstab an.

Anmerkung: Ein Verzicht auf die Umstandsklausel bedarf zu Lasten der Kinder mit Sicherheit einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung, die kaum erteilt werden dürfte.