Anspannungsgrundsatz und Arbeitsplatzsuche
Der Unterhaltspflichtige hat alle zumutbaren und sinnvollen Anstrengungen zur Wiedererlangung eines Arbeitsplatzes zu unternehmen.
Ein Mangel an zielstrebiger und tatkräftiger Arbeitsplatzsuche löst den Anspannungsgrundsatz aus.
Der UhPfl ist für seine Bemühungen auf dem Arbeitsmarkt behauptungs- und beweispflichtig.
Wenn der Unterhaltspflichtige nicht einmal beim AMS gemeldet ist, ist er anzuspannen und zwar auf das letzte Einkommen.
Die Nicht-Meldung beim AMS als arbeitssuchend löst nicht automatisch die Anspannung auf ein bestimmtes Einkommen aus. Einer Person, die - aus welchen Gründen immer (Krankheit, Alter etc) - zu einer Erwerbstätigkeit nicht in der Lage ist, kann wegen der fehlenden Leistungsfähigkeit kein potenzielles Einkommen unterstellt werden.
Anmerkung: die Nicht-Meldung beim Arbeitsamt sollte aber von dem, der sich nicht gemeldet hat, mit Prozessvorbringen und Beweisanboten gerechtfertigt werden.
Der Unterhaltspflichtige muss sich über die bloße Meldung als arbeitssuchend hinaus in jeder ihm zumutbaren Weise um die Wiedererlangung eines Arbeitsplatzes tatkräftig bemühen.
Die bloße Meldung beim AMS entbindet nicht von der Anspannung, da bekanntermaßen 80% der Arbeitsplätze aufgrund von Privatinitiativen gefunden werden.
1,2 Bewerbungen pro Monat über einen Zeitraum von 18 Monaten sind zu wenig.
Arbeitsplatzsuche:
Jedem Arbeitnehmer ist nach dem Arbeitsplatzverlust eine gewisse Zeit zum Auffinden eines neuen Arbeitsplatzes zuzubilligen, die jedenfalls nicht unter drei Monaten liegen kann
Bzw. drei bis sechs Monate.
Dem Unterhaltspflichtigen ist auch bei selbstverschuldetem Arbeitsplatzverlust eine Mindestzeit zur Wiedereingliederung an einem Arbeitsplatz zuzubilligen; diese Frist darf drei Monate nicht unterschreiten.
Bei längerdauernder Arbeitslosigkeit ist der UhPfl verpflichtet, minderqualifizierte Arbeiten anzunehmen, dh einen Arbeitsplatz unter seinem Ausbildungsniveau anzunehmen (EF-Slg 149.478; 141.711; 138.141; 103.605; 42.822).
Grundsätzlich sind der Arbeitsplatzsuche 40 Stunden pro Woche zu widmen.
Ein verantwortungsbewusster Unterhaltspflichtiger muss für seine Arbeitssuche so viel Zeit aufwenden, wie ein volles Arbeitsverhältnis ausmacht .
Das Verschicken von 40 bis 50 Bewerbungen pro Jahr ist nicht ausreichend.
Dem Unterhaltspflichtigen ist zur Suche nach einem seiner Qualifikation entsprechenden Arbeitsplatz ein angemessener Zeitraum einzuräumen. Allerdings ist für eine tatsächlich nicht erfolgte Arbeitsplatzsuche auch keine Übergangszeit in Anschlag gebracht werden.
Bei länger dauernder Arbeitslosigkeit ist dem Unterhaltspflichtigen auch zumutbar eine minderqualifizierte Tätigkeit anzunehmen. Wird der Beruf des Vaters auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr nachgefragt (hier Kunstrestaurator), kann er auch nicht auf diesen Beruf angespannt werden.
Zur vergeblichen Arbeitsplatzssuche:
Er hat aber bereits im Verfahren vor dem Erstgericht geltend gemacht, dass er sich wiederholt um eine Arbeitsstelle bemüht habe, was jedoch stets ergebnislos verlaufen sei. Dazu hat er nicht nur darauf verwiesen, dass seine Bewerbungen (auch) aus Eigeninitiative erfolgt seien, sondern zum Nachweis eine umfangreiche Liste über seine Bemühungen in der jüngeren Vergangenheit vorgelegt und damit seiner subjektiven Behauptungslast entsprochen. Feststellungen zu diesem Vorbringen haben die Tatsacheninstanzen nicht getroffen, sodass die Schlussfolgerungen des Erstgerichts, aus der vorgelegten Liste der Bewerbungen lasse sich lediglich ein allgemeines Interesse des Vaters an den offenen Stellen entnehmen, nicht aber die vom Sachverständigen ganz grundsätzlich für Bewerbungen als erforderlich angesehene Hervorhebung der eigenen Eignung für die angestrebte Stelle, nicht nachvollzogen werden können.
Das Erstgericht erkennt selbst, dass es sich bei den vorgelegten Ausdrucken lediglich um eine Auflistung der archivierten Bewerbungsversuche handelt. Eine solche Auflistung gibt aber nicht notwendig den tatsächlichen Inhalt der darin angeführten Bewerbungen wieder, sodass daraus auch nicht auf den Mangel einer zielstrebigen und entschlossenen Arbeitsplatzsuche geschlossen werden kann. Das Erstgericht wird sich daher im fortgesetzten Verfahren mit diesem Vorbringen des Vaters auch in tatsächlicher Hinsicht auseinanderzusetzen und Feststellungen zu den von ihm geltend gemachten Bewerbungen zu treffen haben. Erst wenn auch durch Verfahrensergänzung keine ausreichende Tatsachengrundlage zur Beurteilung der Frage, ob dem Vater Versäumnisse in der Ernsthaftigkeit bei der Arbeitsplatzsuche anzulasten wären, käme zum Tragen, dass ihn grundsätzlich die Beweislast dafür, ein adäquates Einkommen (unverschuldet) nicht erzielen zu können, trifft, weswegen verbleibende Unklarheiten zu seinen Lasten gingen.
Grundsätzlich können dem Vater sechs Monate, allenfalls bis zu zwei Jahre zugebilligt werden um einen Job entsprechend seiner Qualifikation zu finden, danach endet der Berufsschutz.
Der Mutter, die bis jetzt ein Kind betreut hat, kann eine Wiedereinstiegsfrist von 4,5 Monaten zuzubilligen.
Praxistipp: Alle Fristen gelten aber nur, wenn alle notwendigen Anstrengungen unternommen werden. Geschieht dies nicht, wird ein berufskundliches Gutachten eingeholt werden, welchen Job der Unterhaltspflichtige bei ordnungsgemäßem Bemühen finden hätte können.
Es ist daher festzustellen, ob (auch) private Bewerbungsversuche ohne Erfolg geblieben sind und ob sich sämtliche Gespräche mit möglichen Arbeitgebern zerschlagen haben.
Arbeitsplatzsuche des uhber Kindes:
Nach Ausbilungsschluss ist dem Kind jedenfalls win angemessener - idR mehrmonatiger - Zeitraum für die Suche nach einem ausbildungsadäquatem Arbeitsplatz zu gewöhren, währenddessen es unterhaltsberechtigt bleibt.
Dabei ist regelmäßig eine Frist von 6 Monaten zu akzeptieren.
Eine erfolglose Arbeitsplatzsuche kann aber die UhPlficht nicht ad infinitum andauern lassen; vielmehr kann für den bisher UhBer die Verpflichtung bestehen eine den Lebensunterhalt sichernde Hilfsarbeitertätigkeit anzunehmen.
Für ein minderjähriges Kind scheidet allerdings ein Verweis auf eine Hilfsarbeitertätigkeit aufgrund der Schutzvorschriften des KJBG aus.
Erfolglose Arbeitssuche:
Solange dem arbeitslosen UhPfl trotz ausreichender Bemühungen die Wiedererlangung eines entsprechenden oder angesichts seiner UhPflichten noch zumutbaren Arbeitsplatzes unmöglich ist, scheidet eine Anspannung aus: der Uh ist dann nach dem tatsächlichen Einkommen (Arbeitslosengeld, Notstandshilfe) zu bemessen.
Die Anzahl der Bewerbungen kann lediglich ein Indiz für die Beurteilung, ob die Bemühungen des UhPfl bei der Arbeitsplatzsuche ausreichend sind, gewertet werden. Abhängig vom konkreten Berufsfeld, der Ausbildung, des Alters, der Berufserfahrung und dem körperlichen Zustand des UhPfl ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls eine rechtliche Wertung vorzunehmen, ob die vorgenommenen Bewerbungen eine zielstrebige und tatkräftige Arbeitsplatzssuche darstellen. Das Abstellen auf die bloße Anzahl an Bewerbungen würde den konkreten Umständen des Einzelfalls nicht gerecht werden, weil alleine aus der Quantität der Bewerbungen nicht auf das Bemühen des UhPfl und die Erfolgsaussichten bei der Arbeitsplatzsuche geschlossen werden kann. Letztendlich kommt es aber gerade darauf an, wel der UhPfl durch die Erlangung eines Arbeitsplatzes in eine Lage versetzt werden soll, die es ihm ermöglicht, seiner Unterhaltsverpflichtung nachzukommen. Ein UhPfl kann daher nicht bereits deshalb angespannt werden, weil er im Monat keine 30 Bewerbungen vorgenommen hat.
Prozessuales:
Es ist keinesweg zwingend erforderlich zum Beweis ausreichender Arbeitsplatzsuche wäre, Bewerbungen schriftlich vorzulegen. Eine solche Ansicht stünde im Widerspruch zum - auch das Außerstreitverfahren beherrschenden - Grundgedanken der freien Beweiswürdigung (§ 32 AußStrG).